Jan-Niklas Linnemeier, M.A.
Personalseite
The verbal expression of future-time reference in the Celtic languages
Ziel der Arbeit ist eine präzise Beschreibung der Funktion und Entwicklung derFuturbildungen in den keltischen Sprachen im Hinblick auf die diachrone Typologie des Futurs. Dem Futur kommt innerhalb des grammatischen Systems natürlicher Sprachen eine Sonderstellung zu. Als Tempus zukünftiger Zeitreferenz befindet es sich im engen Zusammenspiel mit diversen Facetten modaler und aspektueller Semantik, wobei verschiedene futurische Bildungen in einer Sprache oft ganz unterschiedlichen semantischen Gehalt haben können.
Ein ebenso komplexes und faszinierendes Feld ist daher die diachrone Typologie des Futurs. Bekannt sind verschiedene Pfade des semantischen Wandels und der Grammatikalisierung, auf denen ein Futur entstehen kann, etwa aus modalen Formen, aspektuellen Markern oder Verben der Bewegung. Dabei legt die Art der Quelle die Entstehung eines Futurs mit bestimmten modalen und aspektuellen Bedeutungsnuancen nahe, die dann wiederum modifiziert, aufgegeben oder neu erworben werden können. Nur die feinkörnige Analyse des Futurs einer einzelnen Sprache oder Sprachgruppe mit hinreichender zeitlicher Tiefe kann die zugrundeliegenden Mechanismen eines solchen Wandels im Detail verstehbar machen und die morphologischen, semantischen und syntaktischen Umgebungen identifzieren, die ihn begünstigen.
Mit einer lückenlosen Überlieferung seit dem 8. Jahrhundert bis heute stellen die (insel-)keltischen Sprachen eine hervorragende Quelle für eine solche Untersuchung dar. Das früheste überlieferte Altirisch erscheint mit einer morphologischen Fülle von Futuren, woraufhin jede seiner drei modernen Tochtersprachen (Irisch, Schottisch-Gälisch, Manx) eine andere Strategie wählt, dieses System weiterzuentwickeln. Die verwandten britannischen Sprachen (Walisisch, Bretonisch, Kornisch) erscheinen dagegen in ihrer frühesten bezeugten
Form ohne produktives Futur, entwickeln dieses aber später jeweils neu, wiederum aus unterschiedlichen Quellen. Durch diese breit gefächerten Belege des Aussterbens und Neuentstehens von Futuren verschiedener Quellen innerhalb einer Gruppe nah verwandter Sprachen ist die keltische Sprachfamilie imstande, einen wertvollen Beitrag zur synchronen und diachronen Typologie des Futurs leisten.
Eine umfangreiche funktionale Untersuchung des Futurs in den keltischen Sprachen liegt bisher nicht vor. Diachrone Ansätze sind vor allem an der formal-morphologische Seite der ältesten irischen (McCone 1991, Kortlandt 1984, Watkins 1966, Jasanoff 2017) bzw. britannischen (Schumacher 1995, Isaac 2004, Zair 2012) Formen und ihrer Herleitung aus dem Indogermanischen interessiert. Ó Corráin (1990) bemerkt nur überblicksartig einige Besonderheiten in der Verwendung des irischen Futurs und Poppe (1996) bespricht knapp das Entstehen der jüngeren britannischen Futurformen. Zur verwandten Kategorie des Konjunktivs im Irischen hat McQuillan (1997, 2002) gearbeitet, was insbesondere für diese Forschung als wertvolle Vorarbeit betrachtet werden kann, da der Konjunktiv Präsens eine der Formationen ist, die in ältester Zeit mit futurischer Bedeutungsnuance auftreten.
Die zu untersuchenden Quellen für Future sind neben dem ererbten Futur (Irisch) das perfektive Präsens im Indikativ (Schottisch-Gälisch, Walisisch) und Konjunktiv (Bretonisch) sowie in sämtlichen Sprachen jüngere Periphrasen. Der Hauptteil der Arbeit wird demnach die Form von Korpusarbeit annehmen. Dabei wird eine klare synchrone Beschreibung des Zustands in den ältesten überlieferten Sprachstufen angefertigt und als Ausgangspunkt gesetzt, von dem aus der historische Weg der relevanten Bildungen nachgezeichnet werden kann. Die gewonnenen Erkenntnisse werden eingebettet in den Erkenntnisstand zur diachronen Typologie des Futurs und die Implikationen hinsichtlich seiner Position im Gefüge Tempus-Aspekt-Modus diskutiert. Für die modernen Sprachstufen liegen jeweils durchsuchbare Korpora vor, ebenso für die ältesten irischen Quellen. Im älteren Britannischen steht lediglich der Vergleich zwischen Indikativ und Konjunktiv in futurischen Kontexten an, da kein produktives Futur vorliegt. Wo die Informationen fehlen, soll die Arbeit durch eigene Textlektüre ergänzt werden.