War der Hohle Stein ein Opferplatz?
16.09.2008FORSCHUNG Archäologen der Universitäten Bamberg und Würzburg untersuchten den markanten Felsen und sein Umfeld. Diese Grabung war das erste von mehreren Projekten unter demTitel "Naturheilige Plätze auf der nördlichen Frankenalb". (aus: "Fränkischer Tag" 16. 09. 2008)
Schwabthal —Die Ausbeute nach drei Wochen ist gut: auf einem Tisch ausgebreitet liegen zahlreiche Keramikscherben, Tier und Menschenknochen, Bruchstücke von Steinäxten und eine
Feuersteinklinge. Ein 12 000 Jahre altes steinernes Messerchen ist das älteste Fundstück. Insgesamt bargen die Archäologen und Studierenden der Universitäten Bamberg und Würzburgbei der Grabung im Umfeld des Hohlen Steins rund 50 Kilogramm "Streufunde".
Der imposanteFelsen auf der Jurahöhe ist deshalb interessant, weil sich in unmittelbarer Nähedie Reste einer bandkeramischen Siedlung aus der Zeit um 5000 v. Chr. befinden. Die Grabung am Hohlen Stein war die erste einer Projektreihe; sechs bis sieben weitere Areale sollen in Kooperation der beiden Universitäten sowie des Landesamts für Denkmalpflege in dennächsten drei Jahren untersucht werden. "Naturheilige Plätze auf der Nördlichen Frankenalb" lautet der Titel dieser Untersuchung, die mit finanzieller Unterstützung der Oberfranken- Stiftung erfolgt. 2009 soll unter anderem am Kemitzenstein gegraben werden. Professor Dr. Frank Falkenstein (Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie der Uni Würzburg): "Es geht uns um Zusammenhänge, um kultische Handlungen begründen zu können."
Die meisten Funde am Hohlen Stein stammen aus der Epoche der Bandkeramischen Kultur. Die zahlreichen Scherben von Tongefäßen, die bearbeiteten Feuersteine und Tierknochen geben den Wissenschaftlern nun Rätsel auf: Jetzt gilt es nämlich, die Funde auszuwerten und eine Wertung vorzunehmen. Etliche Magister- und Doktorarbeiten dürften darüber geschrieben werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es noch zu früh, die kultische Bedeutung der Fundstücke zu beurteilen. Es sei jedoch zu vermuten, "dass eine religiöse Komponente drin ist“, so FrankFalkenstein. Nichtauszuschließen sei ferner, dass es sich bei den terrassenartigen Bodenformationen im Umfeld des Hohlen Steins um die Reste vonHügelgräbern handelt. Doch das sei rein spekulativ und müsse erst noch geklärt werden. Wozu die Becher und Gefäße benutzt wurden, deren Scherben man amHohlen Stein barg, sei derzeit ebenfalls noch nicht mit Sicherheit zu sagen.Waren es kultische Gefäße, die aus rituellen Gründen vom Hohlen Stein herabgeworfen wurden? Oder sind es Zeugnisse einer Siedlung? Das gleiche gilt für die vielen gefundenen Tierknochen, die hervorragend erhalten sind: Wurden die Tiere rituell geopfert oder handelt es sich um Nahrungsabfälle des nahen Steinzeitdorfes?
In Deutschland an solchen Plätzen zu graben sei für Archäologen Neuland, sagt der örtliche Grabungsleiter, Dr. Timo Seregély. Erst wenn mehrere ähnliche Plätze erforscht seien, könne manGemeinsamkeiten vergleichen und Rückschlüsse ziehen. Dann, so Frank Falkenstein, "können wir Maßstäbe von überregionaler Relevanz setzen". Die Beurteilung der Bedeutung desOrtes – ob profan oder rituell – sei Interpretation.
Text und Fotos: Matthias Einwag