Neues vom Bullenheimer Berg
21.11.2010Aktuelle Forschungen liefern neue Erkenntnis zur Wallanlage, die ab dem 14. Jahrhundert v. Chr. bestand (aus: Bayerische Archäologie, Heft 4/2010)
Nach mehr als 20-jähriger Unterbrechung haben in diesem Jahr wieder archäologische Untersuchungen auf dem Bullenheimer Berg stattgefunden. Auf dem westlichen Ausläufer des Steigerwaldes, der das fruchtbare Land am Maindreieck überragt, war erst 1974 eine vorgeschichtliche Wallanlage entdeckt worden. Ein bewaldetes etwa 30 Hektar großes Gipfelplateau wird von einem rund zweieinhalb Kilometer langen Ringwall umgeben. Nach den bisherigen Erkenntnissen gab es fünf verschiedene Ausbauphasen der Wallanlage, beginnend in der späten Hügelgräberbronzezeit im 14. Jahrhundert v. Chr. bis zur späten Urnenfelderzeit im 9. Jahrhundert v. Chr., wobei die 5. Bauphase - eine massive Trockensteinmauer - vorsichtig ins frühe Mittelalter datiert wurde. In Mainfranken gibt es ein ganzes System von Höhensiedlungen der Urnenfelderzeit, die zwischen dem 13. und 9. Jahrhundert v. Chr. errichtet wurden. Sie sind im Abstand von 20 bis 30 Kilometern am Main und seinen Nebenflüssen orientiert und könnten als Zentralsiedlungen Territorien von einigen hundert Quadratkilometern kontrolliert haben.
Im Frühjahr und Sommer 2010 begannen Studenten des Lehrstuhls für Vor-und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Würzburg, unter Leitung von Professor Frank Falkenstein, das Gipfelplateau des Bullenheimer Berges archäologisch zu erkunden. Zusätzlich führte die Firma ArcTron ein luftgestütztes Laserscanning des Berges und seines Umlandes durch und erstellte ein digitales Geländemodell. Unterstützt wurden die Forschungen durch die ehrenamtlichen Mitglieder des »Archäologischen Netzwerks Kitzinger Land«, die systematisch die Felder im Umland des Berges begingen. Im Museum Kitzingen werden dann die Funde - die vom 6. Jahrtausend v. Chr. bis in die römische Kaiserzeit datieren - gesäubert, bestimmt und in einer Datenbank erfasst.
Erstmals ist nun das gesamte Siedlungsplateau flächig begangen worden (durch Studenten der Uni Würzburg), wobei die Fundstellen mit GPS genau eingemessen wurden. Dabei fand sich vorgeschichtliche Siedlungskeramik in praktisch allen zugänglichen Bereichen des Plateaus mit besonderen Funddichten sowohl im Nord- als auch im Südteil. Im Unterschied zu früheren Kartierungen zeigte sich, dass am Bullenheimer Berg von einer ganzflächigen Besiedlung auszugehen ist. Als nächster Schritt folgte die geomagnetische Vermessung des Plateaus. Dabei »stellte sich heraus«, so Falkenstein bei der Vorstellung der Forschungsergebnisse auf dem mittelfränkischen Archäologentag in Altdorf, »dass es durchaus möglich ist, im dichten Wald größere Flächen geomagnetisch zu Prospektieren.« Durch die Geomagnetik konnten neue Erkenntnisse auch zum Bau der Wälle gewonnen werden. So zeigte sich, dass der nördliche Querwall nicht jünger ist als der steinerne Ringwall, sondern beide so miteinander verzahnt sind, dass sie in einem Zug errichtet worden sein müssen.
Eine wichtige Fragestellung war die, ob die letzte, steinerne Befestigung tatsächlich ins frühe Mittelalter zu datieren sei. Nun weiß man, dass sich dieser Steinwall rund um das ganze Plateau erstreckt und mit den beiden Querwällen zur ursprünglichen Baukonzeption gehört. Allerdings blieb die monumental angelegte Mauer wohl unvollendet. Nachdem bereits umfangreiche Teilstücke fertiggestellt waren, wurden die Bauarbeiten anscheinend eingestellt und die Anlage blieb als Bauruine stehen, vielleicht ohne jemals in Funktion zu sein. Durch den Vergleich mit der jüngsten urnenfelderzeitlichen Steinmauer auf der oberfränkischen Heunischenburg bei Kronach lässt sich auch für die jüngste Mauer des Bullenheimer Berges eine späturnenfelderzeitliche Zeitstellung um 800 v. Chr. wahrscheinlich machen. Danach wurde die Höhensiedlung offenbar verlassen.
16 kleine und drei größere Sondagen sollten letztendlich klären, inwieweit sich unter dem mächtigen Pflughorizont der mittelalterlichen Gewölbeäcker auf dem Plateau noch vorgeschichtliche Kulturablagerungen erhalten haben. Ergebnis der Sondagen war die Aufdeckung fundreicher Kulturschichten mit Siedlungsbefunden wie Gruben und Pfostenlöchern. An einer Stelle fand sich der Fußboden eines Wohnhauses mit Laufhorizont der späten Urnenfelderzeit, welcher einer Hangterrasse auflag.
An Fundmaterial kamen zahlreiche Keramikscherben vom Jungneolithikum bis in die Urnenfelderzeit zutage, »wobei der hohe Anteil an bronzezeitlichen Gefäßresten überrascht«, so Falkenstein. Auffallend ist allerdings die Metallarmut. So liegt nur ein verrostetes bronzenes Ringgriffmesser vor. Deshalb zieht Professor Falkenstein für den durch seine urnenfelderzeitlichen Hortfunde in den 1980er Jahren bekannt gewordenen Bullenheimer Berg eine ernüchternde Bilanz: »Die Stichproben der Sondagen bestätigen die Befürchtung, dass der Bullenheimer Berg durch die jahrzehntelange Sondengängerei seiner Metallfunde weitestgehend beraubt wurde.« rg
aus: Bayerische Archäologie 4 / 2010, Herausgegeben von Roland Gschlößl und Markus Tremmel in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Archäologie in Bayern e. V.