Intern
Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie

Neue Forschungen auf dem Bullenheimer Berg 2010-11

Der Bullenheimer Berg (Gem. Seinsheim, Ippesheim, Unter-/Mittelfranken) erhebt sich als ein exponierter Tafelberg mit steil abfallenden Hängen am südwestlichen Rand des Steigerwaldmassivs um ca. 150 m über die fruchtbaren Gäuflächen (Abb. 1). Das ca. 30 ha große Gipfelplateau wird von einem 2,5 km langen Ringwall umzogen, drei Querwälle untergliedern die zentrale Siedlungsfläche.

Anlässlich der Entdeckung eines Bronzedepots wurden auf dem Bullenheimer Berg in den 1980er Jahren (1981, 1983, 1989) vom damaligen Würzburger Institut für Vor- und Frühgeschichte aus erstmals wissenschaftliche Ausgrabungen durchgeführt, deren Ergebnisse von Georg Diemer (1995) in einer vielbeachteten Studie vorgelegt wurden. Anhand von Wallschnitten rekonstruierte Diemer alleine bei der Randbesfestigung fünf aufeinander folgende Befestigungsphasen, die er der Hügelgräberbronzezeit, Urnenfelderzeit und dem Frühmittelalter zuwies.

Nach über zwanzigjähriger Unterbrechung wurden im Frühjahr und Sommer 2010 erstmals wieder gezielte wissenschaftliche Feldforschungen im Bereich der befestigten Höhensiedlung auf dem Bullenheimer Berg aufgenommen. Durchgeführt wurden die Geländearbeiten im Rahmen zweier Feldforschungspraktika mit einer Gesamtdauer von acht Wochen. Die Ziele der Untersuchungen bestanden darin, mit der Anwendung von modernen Prospektionsmethoden neue Informationen zur prähistorischen Besiedlung des Bullenheimer Berges zu gewinnen.

 

Airborne Laserscanning

Von dem Bullenheimer Berg und seinem Umfeld hat auf ca. 10 km2 Fläche die Firma ArcTron GmbH einen hochauflösenden digital Airborne Laserscan (ALS) durchgeführt. Das digitale Geländemodell bietet großflächig topographische Detailinformationen und dient damit als wichtige Grundlage für die aktuellen und für künftige archäologische Feldforschungen. So wurden auf diese Weise die umfangreichen Wallanlagen auf dem Bergplateau erstmals präzise vermessen. Auf dem Bergplateau und in den angrenzenden Waldgebieten werden bisher unbekannte mittelalterliche Ackerfluren und neuzeitliche Hohlwegsysteme erstmals sichtbar.

Geländebegehungen auf dem Plateau

Im Rahmen eines Geländepraktikums wurde annähernd die gesamte Fläche des Siedlungsplateaus in Streifen begangen. Hierbei wurden die zum Beispiel in Maulwurfshaufen oder im Wurzelwerk umgestürzter Bäume zutage tretenden Keramikscherben mittels GPS-Empfänger eingemessen, aufgesammelt und die Fundstellen protokolliert (Abb. 2). Die Form der Fundaufnahme erlaubt es nicht nur die Funde selbst, sondern auch die Funddichte an verschiedenen Stellen des Bergplateaus zu dokumentieren. Hierdurch konnten wichtige Hinweise auf die Ausdehnung von vorgeschichtlichen Siedlungsflächen gewonnen werden.
Darüber hinaus wurde die Wallanlagen auf dem Plateau (Ringwall und drei Querwälle) vollständig begangen. Dabei wurden Beobachtungen zum Erscheinungsbild der Befestigungen gesammelt, und das oberflächlich erkennbare Steinmaterial der Wallschüttungen wurde mittels GPS eingemessen. Aufgrund der so gewonnenen Informationen können an verschiedenen Wallabschnitten insgesamt vier unterschiedliche Walltypen beschrieben werden, die neue Hinweise auf die Bauweise der ursprünglichen Mauern liefern. Ein wichtiges Ergebnis besteht darin, dass die von G. Diemer hypothetisch ins Frühmittelalter datierte Steinmauer mit Hanggraben jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit als jüngstes Befestigungswerk der Urnenfelderzeit angesprochen werden kann. Als unvollendete Bauruine markiert die jüngste Befestigung wohl den Besiedlungsabbruch auf dem Bergplateau am Ende der Urnenfelderzeit.

Geomagnetische Flächenmessungen

Geomagnetische Prospektion auf dem Plateau und auf vorgelagerten Terrassen des Bullenheimer Berges. Mit einem Dual-Fluxgate-Gradiometer wurde in 14 Arealen, die alle unter Wald liegen, eine Gesamtfläche von 15.500 m2 prospektiert. Hiermit wurden Hinweise zu Detailfragen des Befestigungswerks gewonnen wie Bautechnik, Nachweis von Toranlagen und Trassenverlauf von Wall und Graben. Daneben lieferten die magnetischen Feldmessungen Anhaltspunkte auf Bebauungsstrukturen im Siedlungsareal (Abb. 3).

Bohrungen und Kleinsondagen

Mit einem Handbohrsystem wurden auf dem Plateau des Bullenheimer Berges mehrere Bohrtranssekte angelegt. Hierbei konnte nachgewiesen werden, dass trotz der leichten Hanglage der Hochfläche kaum Bodenerosion stattgefunden hat und große Bereiche von einer dünnen prähistorischen Kulturschicht bedeckt sind. Ergänzt wurden die Bohrungen durch kleine Sondagen von jeweils 1 m2 Fläche, die Siedlungsbefunde und datierendes Fundmaterial aus stratigraphischen Kontexten erbracht haben (Abb. 4).

Sondierungsgrabungen

Im Nordteil des umwallten Plateaus wurden drei Sondierungsgrabungen bis auf den anstehenden Fels durchgeführt. Hierbei konnten Erkenntnisse zur Mächtigkeit, Erhaltung, Struktur und Datierung der prähistorischen Kulturschichten gewonnen und eine urnenfelderzeitliche Hangterrassenbebauung nachgewiesen werden. Fläche F hat eine ca. 30 cm mächtige Kulturschicht mit Funden aus dem Jungneolithikum, der Mittelbronzezeit und Urnenfelderzeit erbracht. In Fläche D wurde unter dem Pflughorizont eines mittelalterlichen Wölbackers eine Kulturschicht mit dem Brandschutt eines urnenfelderzeitlichen Hauses angetroffen. In dem untersten Planum fanden sich zahlreiche Pfostenlöcher, die teils in den anstehenden Keuperfels eingeschlagen wurden. In Fläche C wurde eine Hangterrassierung mit dem Begehungshorizont eines späturnenfelderzeitlichen Hauses angetroffen (Abb. 5). Weitere kleinflächige Sondierungen auf einer Bergkuppe im Kunigundenwald erbrachten Nachweise für die Nutzung des Platzes im Mesolithikum und Neolithikum.

Feldbegehungen im Umland

In Kooperation mit dem Würzburger Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie hat das Archäologische Netzwerk Kitzinger Land im Frühjahr und Herbst 2010 Feldbegehungen im unmittelbaren Umfeld des Bullenheimer Berges durchgeführt. Ziel der Feldbegehungen, die in den nächsten Jahren fortgesetzt werden sollen, ist eine möglichst großflächige Erfassung der Fundplätze in der Mikroregion. Die Oberflächenfunde werden mittels GPS-Empfänger punktgenau eingemessen und in einer Datenbank verwaltet. Diese Untersuchungen sollen es in Zukunft erlauben, das vorgeschichtliche Siedlungsgefüge zu rekonstruieren, dabei soll das Verhältnis zwischen der Zentralsiedlung auf dem Bullenheimer Berg und dem fruchtbaren Hinterland geklärt werden.

Text: Frank Falkenstein, Thomas Link, Heidi Peter-Röcher und Markus Schußmann

 

Mitarbeiter:

Prof. Dr. Frank Falkenstein
Magdalene Hoch
Dr. Thomas Link
Prof. Dr. Heidi Peter-Roecher
Dr. Markus Schußmann

Kooperationspartner:

ArcTron GmbH
Archäologisches Netzwerk Kitzinger Land
Lehrstuhl für Geodynamik und Geomaterialforschung des Instituts für Geographie und Geologie, Universität Würzburg
Städtisches Museum Kitzingen
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Außenstellen Bamberg und Nürnberg

Förderer:

Universitätsbund Würzburg e.V.
Unterfränkische Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken
Weinparadies Franken
Sparkassenstiftung Mainfranken
Landratsamt Kitzingen
Landratsamt Neustadt a.d. Aisch
Bezirk Mittelfranken

Literatur

Diemer, G., Der Bullenheimer Berg und seine Stellung im Siedlungsgefüge der Urnenfelderkultur Mainfrankens. Materialh. Bayer. Vorgesch. A 70 (Kallmünz/Opf. 1995).

Drischmann, B., Die Keramikfunde der archäologischen Prospektionen im Jahr 2010 auf dem Bullenheimer Berg, Gde. Seinsheim und Ippesheim. Beiträge zur Archäologie in Ober- und Unterfranken 8, 2013, 53-150.

Falkenstein, F., T. Link, H. Peter-Röcher, M. Schußmann, Neue Forschungen auf dem Bullenheimer Berg. Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 7, 2011 (2011) S. 27-50, 161-166.

Falkenstein, F., T. Link, H. Peter-Röcher, M. Schußmann, Prospektionen und Ausgrabungen am Bullenheimer Berg. Das archäologische Jahr in Bayern 2010 (2011) S. 51-53.

Nomayo, St., F. Falkenstein (Hrsg.), Der Bullenheimer Berg im Fokus moderner Methoden der Archäologie. Schriftenreihe des Städtischen Museums Kitzingen 5 (Kitzingen 2012).