Intern
Philosophische Fakultät

Griechenland-Exkursion des Instituts für Klassische Philologie

Καὶ ἡμεῖς ἐν Ἀρκαδίᾳ

Bericht über die große Griechenland-Exkursion des Instituts für Klassische Philologie vom 20.4. bis 1.5.2017

Vom 20. April bis 1. Mai 2017 haben 36 Studierende und Dozenten des Instituts für Klassische Philologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg eine Exkursion nach Griechenland unternommen. Der philologische Charakter dieser Fahrt wurde durch die Vorstellung antiker griechischer Texte gewahrt, die eine inhaltliche oder autorenbezogene Passung zu den jeweiligen Orten aufwiesen und mythologische, historische oder geographische Hintergründe zu den archäologischen Stätten lieferten. Den Studierenden der Gräzistik oblagen dabei die Kontextualisierung, Lesung, Übersetzung und Kommentierung der Textstellen und den Latinisten die literaturhistorische Einordnung. Eine besondere Bindung zu den Stätten wiesen Reisebeschreibungen wie die des Pausanias, die oft für archäologische Rekonstruktionen unentbehrlich sind, und Dramen auf, deren Geburtsort mit dem Dionysostheater Athens kennengelernt und deren Aufführungspraxis durch Tragödienrezitationen in Argos und Epidauros nachempfunden wurde. Dadurch konnte diese Literaturgattung in ihrem ursprünglichen antiken Kontext unmittelbar erlebt werden. Zudem wurde durch die Untersuchung von Papyri, wie dem Derveni-Papyrus in Thessaloniki, und Inschriften, die für die Archäologie und Alte Geschichte von unschätzbarem Wert sind, die Beschäftigung mit Primärquellen und Textkritik ermöglicht.

Neben den philologischen Referaten gelang es den Studierenden im Rahmen eines vorbereitenden Seminars im Wintersemester 2016/17, aber auch vor Ort, sich gegenseitig Grundkenntnisse über Vasenmalerei, Plastik, die Geschichte, die Landschaften und die Religion Griechenlands zu vermitteln. In Nafplion wurden auch die besonderen Beziehungen des Landes zu Bayern und den Wittelsbachern thematisiert. Andere Studierende übernahmen die Führung durch die Museen und Ausgrabungsstätten. Die Exkursion nahm auch einen interdisziplinären Charakter an, da die Studenten Kenntnisse aus ihren jeweiligen Zweit- und Drittfächern, wie Geschichte, Religion, Deutsch, Englisch und Französisch, gewinnbringend einsetzen konnten. Diese Referate konnten sowohl für den späteren Lehrberuf wichtiges inhaltliches Wissen vermitteln, als auch die Vortragskompetenzen stärken, die durch den Rollentausch der Studierenden als Dozenten gefordert waren. Diese Art der gegenseitigen Wissensvermittlung unter Gleichgestellten hat dabei - ebenso wie alle anderen gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen - sehr zur Kommunikation und Stärkung des Gruppengefühls beigetragen, das sich auch noch nach der Exkursion in einem intensiveren institutsinternen Zusammenhalt niederschlägt.

Die zentrale Bestrebung war jedoch, die Geographie und Kultur des historischen und auch gegenwärtigen Griechenlands kennenzulernen. Auf der Reise konnten die einzelnen Landschaften erfahren, ihre klimatischen Bedingungen erlebt und der Einfluss der naturräumlichen Voraussetzungen auf die Kulturentstehung und historische Entwicklung nachempfunden werden. Als Beispiele für das Klima lassen sich der an der eigenen Haut erlebte Boreas in Makedonien, Schneefall am Parnass und hohe Temperaturen im Süden anführen. Mit der Weite Makedoniens und der Kleinkammerung Südgriechenlands wurde exemplarisch deutlich, wie Naturräume entscheidend zur Ausbildung unterschiedlicher Staatsformen beigetragen haben. Daneben lag ein besonderes Augenmerk auf landschaftlichen Veränderungen im Laufe der Zeit, vor allem durch Verlandung und Erosion, und auf Problemen der Gegenwart, wie den verheerenden Waldbränden im Jahr 2007. Auf den Busfahrten wurden daneben auch viele wichtige Orte passiert und sozusagen im Vorbeifahren besprochen, wie der Olymp, die Thermopylen, die Schauplätze der Seeschlachten von Lepanto und Navarino, der Tempel von Bassai und der Kanal von Korinth. Daneben hat die Exkursion auch den Zustand des gegenwärtigen Griechenlands in Folge der Finanzkrise der letzten Jahre vermittelt. Den Eindruck von Arbeitslosigkeit, geschlossenen Geschäften, zu verkaufenden Immobilien und Bauruinen haben zusätzlich noch Informationen der Dozenten zu staatlichen und administrativen Missständen ergänzt. Im Gegensatz dazu stand die selbst erlebte Freundlichkeit der Bevölkerung gegenüber den Exkursionsteilnehmern als Touristen. Griechische Tradition konnte hautnah bei einem Dorffest in Arachova erlebt und kulinarische Erfahrungen durch landestypische Gerichte gesammelt werden. Die Entwicklung des Christentums in Griechenland wurde anhand der Paulusreisen aufgezeigt und ein Eindruck vom orthodoxen Christentum konnte durch den Besuch der Meteoraklöster gewonnen werden.

Neben dem offiziellen Programm erhielten die Studierenden auch Zeit zur freien Verfügung, die sie zu selbständigen Erkundungen nach persönlichen Interessen nutzen konnten, wie zum Besuch beliebter Stadtviertel in Nafplion und Athen, weiterer Ausgrabungsstätten und Museen sowie der reizvollen Natur. Die Griechenlandexkursion hat dabei die wichtigsten antiken Stätten und Sehenswürdigkeiten abgedeckt: Am Anreisetag flog die Gruppe von Frankfurt nach Thessaloniki in Makedonien. Dort wurde am Folgetag das Archäologische Museum, das unter anderem den Derveni-Krater, den Derveni-Papyrus und makedonische Goldschätze birgt, besichtigt, ebenso wie Pella, die nahegelegene Hauptstadt des Alexanderreiches, mitsamt dem hauptsächlich durch eindrucksvolle Mosaiken und Grabbeigaben bekannten Museums. Der dritte Tag diente einem Besuch der Meteoraklöster in Thessalien, insbesondere der Klöster Metamórphosis und Varlaám.

Daraufhin führte die Reise nach Mittelgriechenland in die Phokis. In Delphi wurden das Museum, in dem unter anderem der Fries des Athener- Schatzhauses, die Bronzestatue eines Wagenlenkers und die archaischen Kuroi Kleobis und Biton ausgestellt sind, sowie die Ausgrabungsstätte angesehen. Von dort aus ging die Reise mittels einer Fährfahrt über den Golf von Korinth in die Landschaft Elis auf der Peloponnes. Am nächsten Tag wurde in Olympia das Museum, dessen wichtigste Exponate der Hermes des Praxiteles, die Nike des Paionios und die Reliefs des Zeustempels sind, besichtigt und die Ausgrabungsstätte erkundet, an der auch der emeritierte Würzburger Professor Sinn tätig war. Am sechsten Tag standen in der Region Messenien der Nestorpalast, die Bucht von Navarino, Pylos und die archäologische Stätte Messene, die trotz ihres noch geringen Bekanntheitsgrades als jüngere Grabung mit ihren rekonstruierten Gebäuden beeindrucken konnte, auf dem Programm. An den nächsten beiden Tagen wurden in der Region Argolis das Theater von Argos, die Palastanlage von Mykene, die Stadt Nafplion mit ihrer Festung Palamidi, die antike Burg Tiryns, die Ausgrabungsstätte und das Museum in Epidauros und der Strand von Tolo besucht.

Der neunte Tag führte über Korinth, dessen Ausgrabung und dessen für seine Keramiken bekanntes Museum besichtigt wurden, und Eleusis, wo man über die dortigen Mysterien spekulieren konnte, nach Athen, dem die folgenden zwei Tage gewidmet waren. Zunächst erkundeten die Exkursionsteilnehmer die Akropolis, den Areopag, das Dionysos-Theater und das neue Akropolismuseum, das mit der modernen und gelungenen Präsentation sämtlicher Exponate, unter anderem der originalen Koren des Erechtheions und der Reliefs des Parthenon, überzeugen konnte. Der Nachmittag umfasste noch den Tempel des olympischen Zeus, das Hadrianstor, den Syntagmaplatz mit dem griechischen Parlament und die Universität und Akademie. Am elften Tag wurde das Archäologische Nationalmuseum besichtigt, in dem Funde aus bereits besuchten Stätten und bedeutende Exponate, wie die Totenmasken aus Mykene, die Zeus- oder Poseidonplastik, Linear-B-Tafeln, der Junge von Marathon und die Aphrodite-Pan-Eros-Gruppe, ausgestellt werden. Nach dem folgenden Besuch der griechischen Agora nutzten die Exkursionsteilnehmer den freien Nachmittag zum Flanieren in der Plaka, zu einer Fahrt zum Piräus oder zur Besichtigung der römischen Agora. Der letzte Tag diente schließlich der Rückreise nach Würzburg.

Ein herzliches Lob soll an dieser Stelle an die Organisatoren der Exkursion erfolgen, deren gesamter Ablauf so exzellent geplant war, dass sie völlig reibungslos vonstattengehen und die unterschiedlichen Programmpunkte nahtlos und synergetisch ineinander übergehen konnten. Der Hauptorganisator, Herr AD Wünsch, teilte dabei sein umfassendes Wissen über das Land und seine Bewohner mit den Studierenden und brachte ihnen mit seiner spürbaren Begeisterung das heutige Griechenland rational und emotional näher. Zudem hat die gelungene Auswahl der griechischen Texte den philologischen Charakter der Exkursion wahren und sie in Kombination mit den archäologischen, historischen, kunsthistorischen und religiösen Aspekten zu einer interdisziplinären Veranstaltung machen können.

Bericht von Birgit Breuer und Christoph Kretschmer