Schenkung Professor Hiraki Shôsuke
Schenkung der Forschungsbibliothek von Professor Hiraki Shôsuke aus der Bibliothek der Chûô-Universität
In den 90er Jahren erhielt die Bibliothek des Instituts für Kulturwissenschaft Ost- und Südasiens – Sinologie von verschiedenen japanischen Institutionen und Wissenschaftlern wertvolle Bibliotheks- und Bücherschenkungen im Umfang von mehreren tausend Bänden.
Unter anderem ging eine großzügige Schenkung der Chûô-Universität in Tôkyô, der Partneruniversität der Julius-Maximilians-Universität ein, die den Bestand der japanologischen Bibliothek auf dem Gebiet der japanischen Geschichte auf beträchtliche Weise erweitert. Der gegenwärtige Marktwert dieser Schenkung ist nur schwer abzuschätzen, da ein großer Teil der insgesamt fast 3.000 Bücher und Einzelzeitschriften, die zwischen den 20er und 80er Jahren veröffentlicht wurden, heute bereits antiquarischen Wert hat.
Die Idee für diese großzügige Bücherschenkung der Bibliothek der Chûô-Universität kam von Herrn Professor KANEDA Masashi (Direktor der Universitätsbibliothek der Chûô-Universität) anlässlich der offiziellen Eröffnung der japanologischen Bibliothek von Professor Hosoya im Frühjahr 1997 durch den Präsidenten der Universität Herrn Prof. Dr. h.c. mult. Theodor Berchem. Herr Professor Kaneda teilte danach Herrn Dr. Ataru SOTOMURA (Lektor für Japanisch an der Universität Würzburg) die Absicht mit, der Universität Würzburg die Bibliothek des emeritierten Historikers Professor HIRAKI Shôsuke als Schenkung zum inhaltlichen Ausbau der japanologischen Abteilung zukommen zu lassen. Diese Sammlung bereichert nun die Institutsbibliothek.
Professor Hiraki wurde 1925 in Wakkanai (Hokkaidô) geboren, studierte danach an der Kaiserlichen Universität von Hokkaidô Geschichte des Europäischen Mittelalters und lehrte von 1971 bis 1988 als Professor an der Chûô-Universität. Im Jahr 1988 verbrachte er ein Forschungssemester am Lehrstuhl für mittelalterliche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte bei Herrn Professor Rolf Sprandel. Auf diesen Aufenthalt geht auch die persönliche Bekanntschaft zwischen Prof. Hiraki und Prof. Kuhn vom Institut für Sinologie zurück, die im Herbst 1998 anlässlich eines kurzen Forschungsaufenthaltes von Prof. Hiraki intensiviert wurde.
Durch die Initiative von Prof. Kaneda und Herrn ABE Shinya, dem Verwaltungsleiter der Chûô-Universitätsbibliothek, der für die Katalogisierung der Schenkung in Japan und das Transport-Arrangement zuständig war, konnten sogar die Mittel für den Transport der Hiraki-Bibliothek nach Würzburg bereitgestellt werden. Dafür gebührt Herrn Professor Kaneda und Herrn Abe besonderer Dank.
Für die Bibliothek in Würzburg wurden aus der Forschungsbibliothek von Herrn Professor Hiraki die Bestände ausgewählt, die sich auf die Geschichte des japanischen Altertums (kodaishi) und des japanischen Mittelalters (chûseishi) beziehen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Wirtschafts- und Politikgeschichte des alten Japan. Doch unter den ca. 700 Monographien, von denen viele in 10- bis 30-bändigen Werken vorliegen, finden sich neben den Hauptwerken von führenden Historikern des japanischen Mittelalters wie MIURA Hiroyuki (1871-1931) auch die Gesammelten Werke von FUJITA Gorô (1915-1952), einem der einflussreichsten Historiker auf dem Gebiet der japanischen Wirtschaftsgeschichte, insbesondere der Geschichte der Industrialisierung Japans. Weitere geschlossene Komplexe der Schenkung beinhalten die Gesammelten Werke von NISHIOKA Toranosuke (1895-1970), einem Fachmann für die Wirtschaftsgeschichte des japanischen Mittelalters, und die Hauptwerke der führenden Gelehrten für die Alte Geschichte Japans, darunter NAOKI Kôjirô, KISHI Toshio, UEDA Masa’aki und INOUE Mitsusada.
Einige bibliophile Raritäten befinden sich ebenfalls in der Hiraki-Sammlung, beispielsweise das vom Autor IENAGA Saburô (geb. 1913) persönlich handschriftlich kommentierte und stellenweise korrigierte Standardwerk Jôdai bukkyô shisô kenkyû [Studien zur Geistesgeschichte des frühen Buddhismus] von 1942.
Ein weiterer Schwerpunkt der Bücherschenkung liegt im Bereich der japanischen Zeitschriften, besonders zu den Fachgebieten Geschichte und Philosophie. So umfasst die Schenkung insgesamt fast 2400 Einzelbände von Zeitschriften. Darunter befinden sich die fast vollständigen Jahrgänge folgender renommierter Publikationen:
Shisô ("Ideen" oder "Denken") ist die wichtigste japanische Zeitschrift zur Geistesgeschichte. Sie erscheint beim Verlag Iwanami shoten, dem bedeutendsten Verleger philosophischer, literarischer und geistesgeschichtlicher Werke in Japan. Die Beiträge in der Zeitschrift beschäftigen sich gleichermaßen mit ostasiatischem wie westlichem Gedankengut. Die Schenkung umfasst die Jahrgänge von 1924 bis 1995 in 548 Bänden.
Die Textbeiträge in der Zeitschrift Sekai ("Die Welt"), die ebenfalls von Iwanami Shoten verlegt wird, diskutieren das zeitgenössische geistesgeschichtliche, politische und historische Geschehen. In den 537 Bänden aus den 50 Jahrgängen von 1946 bis 1994 ist die Entwicklung Japans zum modernen Staat ebenso nachvollziehbar wie die außenpolitische Haltung Japans. Die Autoren zählen zu den bedeutendsten Politologen und Historikern der Zeitgeschichte Japans.
Die Zeitschrift Tenbô ("Aussicht", "Ausblick"), verlegt von Chikuma shobô, mit den Jahrgängen von 1946 bis 1978 in 233 Bänden ist in der Schenkung ebenso enthalten wie die Zeitschrift Shakai keizai shigaku ("Historische Studien zu Gesellschaft und Wirtschaft"), eine der bedeutendsten Publikationen auf diesem Sachgebiet. Die Schenkung umfasst die Jahrgänge 1942 bis 1995 mit insgesamt 242 Bänden.
Weitere wichtige Zeitschriften mit einem Schwerpunkt auf der historischen Forschung sind Rekishigakukenkyû ("Studien zur Geschichtsforschung"), die nun in 175 Bänden vom Jahrgang 1935 bis 1979 vorliegt, und Shigaku zasshi ("Zeitschrift zur Geschichtsforschung") in 559 Bänden von 1949 bis 1995. Diese Zeitschriften publizieren die bedeutendsten Aufsätze überwiegend japanischer Autoren zur Geschichte, Vorgeschichte und Archäologie bis hin zur zeitgenössischen Geschichte, und zwar nicht nur zu Ostasien, sondern auch zur europäischen Geschichtsforschung. Einmal jährlich erscheint ein Sonderband mit kritischen Rezensionen der im Vorjahr erschienenen wissenschaftlichen Arbeiten, der Monographien ebenso wie der Zeitschriftenaufsätze und der sonstigen Veröffentlichungen. Die Bedeutung dieser Rezensionen, die ein exaktes Bild vom Stand der Chinaforschung in Japan geben, ist u. a. auch daran abzulesen, dass die amerikanische Fachzeitschrift Early China detaillierte Übersetzungen der China betreffenden "Reviews" abdruckt.
Die Schenkung der Hiraki-Bibliothek durch die Universitätsbibliothek der Chûô-Universität eröffnet der historischen, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Lehre und Forschung im Rahmen der Japanologie in Würzburg neue Möglichkeiten. Sie erweitert und ergänzt die bereits vorhandenen Bibliotheksbestände auf eine sinnvolle und wissenschaftlich wertvolle Weise.