Deutsch-chinesischer Workshop: Wissenstransfer gestern und heute
Deutsch-chinesischer Workshop: Wissenstransfer gestern und heute - anlässlich des 400. Todestages von Matteo Ricci S. J. (1552-1610)
Termin: Freitag, 09. Juli 2010, 09:00-17:30 Uhr, HS 5 im Philosophiegebäude
Moderation: Lianming Wang
Programm
09:00 - 09:15 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Helga Stahl
Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf
Vormittag
1. Panel: Formen, Modalität und Wirkung des Wissenstransfers in der Frühen Neuzeit
Moderation: Prof. Dr. Björn Alpermann
09:15 - 10:15 Uhr Vortrag
Dr. Rita Haub: "Botschafter Europas" und erster "Weltbürger Chinas" - Matteo Ricci als Vermittler des Kultur- und Wissensaustausches
10:15 - 11:15 Uhr Vortrag
Prof. Dr. Gerlinde Gild: Vermittlung und Rezeption westlicher Musik in China seit Matteo Ricci
11:15 - 11:45 Uhr Kaffeepause
11:45 - 12:45 Uhr Vortrag
Dr. Michael Leibold: Athanasius Kirchers China: Strukturanalyse eines konzeptionellen Wissenstransfers
Nachmittag
2. Panel: Wechselwirkung, Wandel und Ausblick
Moderation: Lin Hang
14:00 - 15:00 Uhr Vortrag
Prof. Dr. Dieter Kuhn: Joseph Needham (1900-1994): Die prägenden Jahrzehnte
15:00 - 15:30 Uhr Kaffeepause
15:30 - 16:30 Uhr Vortrag
Tim Glaser: Schutz des geistigen Eigentums in China
16:30 - 17:30 Uhr
Podiumsdiskussion: Chancen und Herausforderungen des deutschchinesischen Wissenstransfers im Zeitalter der Globalisierung
Der Transfer des deutschen Universitätsmodells zur Republikzeit am Beispiel von Fu Sinian
Du Weihua
Die Übertragbarkeit der Waldorfpädagogik in Taiwan
Tang Kung-Pei
Dr. Jan-Christoph Marschelke
Wang Lianming
Ramona Hammer
Isabel Dettmer
Konzept
Die Reziprozität des Wissenstransfers zwischen Europa und China – als Phänomen und Teilresultat interkultureller Interaktion – lässt sich nicht erst im Zeitalter der Globalisierung beobachten, sondern bereits in der Frühen Neuzeit, in der die Jesuiten den Anbruch einer glanzvollen Ära in der Wissenschaftsgeschichte initiierten. Dies zeigt sich sowohl in der Rezeption westlicher Wissenschaften und Techniken in China, das zu jener Zeit im Vergleich zu Südamerika sowie zu anderen missionierten Gebieten eine Hochkultur war, als auch in der intensiven Einführung chinesischer kultureller Konzepte im Westen.
Wie der Wissenstransfer im Zeitalter der Kutsche als schnellstem Verkehrsmittel funktionierte, zeigt sich am Beispiel des damals weltweit hochangesehenen Werks von Andrea Pozzo »Perspectiva pictorum et architectorum« das erst dreißig Jahre nach seiner Erstausgabe (1693) ins Chinesische übersetzt und nach China transferiert wurde. Das ist in der heutigen, auf rasanter Entwicklung von Medientechniken basierenden Informationsgesellschaft undenkbar. Dabei soll diskutiert werden, ob es wirklich gerechtfertigt ist, über die Tätigkeit der Jesuiten als eine Form des Wissenstransfers zu sprechen, wenn es im modernen Sinne vielmehr um einen bewussten, aktiven Vorgang der Übermittlung „explizite Wissens“ geht. Wie Jürgen Osterhammel (1995) scharfsinnig formulierte, bedeutet der Begriff des „(Wissens)transfers den Einbau von angeeignetem Wissen in eigene Weltdeutungs- oder Anwendungsstrukturen“. So muss der Beitrag der Jesuiten in Frage gestellt werden, wenn sie beim Transferieren westlichen Wissens und Techniken weder das Geheimnis des Uhrmachens noch das der Kartographie preisgaben. Außerdem soll untersucht werden, ob tatsächlich lediglich die jesuitischen Missionare die unmittelbaren Träger des Austausches waren oder inwiefern die Chinesen daran tätigen Anteil hatten.
In einem zweiten Schnitt soll diskutiert werden, wie der Wissens- und Technologietransfer heute geschieht und in wie weit er sich von dem der „Jesuiten-Ära“ unterscheidet. Das Ziel dieses Workshops ist, durch die Gegenüberstellung zwischen gestern und heute die Unterschiede der Wissensformen, der Modalität des Transfers sowie der technisch bedingten Voraussetzungen sichtbar zu machen. Andererseits sollen die aktuellen Probleme, wie z. B. die Rolle der „Intellectual Property Rights“ (IPR) im Prozess des zwischenstaatlichen oder zwischenunternehmerischen Transfers von „high tech“, unter Beteiligung der Experten unterschiedlicher Disziplinen diskutiert werden, um schließlich einen Ausblick in die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Europa bzw. Deutschland und China zu geben.
Der Workshop und das Seminar „Wechselwirkungen im Prozess des Kultur- und Wissensaustausches zwischen Europa und China“ im Andenken an den 400. Todestag des großen Chinamissionars, Matteo Ricci (1552-1610) finden im Rahmen des Projekts für Globale Systeme und Interkulturelle Kompetenz (GSiK) am 09. Juli 2010 im ÜR17 im Philosophiegebäude am Hubland statt. Die Studierenden, Nachwuchswissenschaftler und das interessierte Publikum, sind herzlich eingeladen zum Austausch mit Experten aus Praxis und Forschung.
Wir freuen uns, Sie in Würzburg begrüßen zu dürfen.
Download: Programm als PDF-Datei