Intern
Museum und alte Kulturen

WiSe 2016/17: Erfahrungen in Kairo - Uni

Unser universitäres Leben in Kairo

Ein bisschen anders als in Deutschland muss man sich studieren in Ägypten schon vorstellen. Die Unis dort sind einfach nur riesig für deutsche Maßstäbe. Auf dem eigentlichen Campus der Helwan Universität außerhalb der Stadt waren wir nie, nur einmal sind wir daran vorbei gefahren. Es sah eher nach einer kleinen Stadt als einer Universität aus, was auch nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass die Helwan Universität mehr als 100.000 Studenten zählt. Und damit ist sie nur die drittgrößte Hochschule in Ägypten.

Unsere Fakultät, die Faculty of Tourism and Hotelmanagement, ist dagegen eine der kleineren Fakultäten und liegt mitten in der Stadt, am nördlichen Ende der Nilinsel Manial. Von dort aus waren wir schnell in Downtown und bei den meisten Museen, ist also als „Lebensmittelpunkt“ gar nicht schlecht geeignet. Gewohnt haben wir zum Teil auch direkt in den Zimmern, die der Fakultät angegliedert sind, und die gelegentlich als Hotelzimmer an meist ausländische Gäste vergeben werden.

Die Kurse fanden ausschließlich abends statt, was sich ebenfalls als interessante Abwechslung zur Heimat herausstellte. Wir mussten insgesamt an drei Tagen der Woche um 16:00 wieder an der Fakultät sein, um uns etwas zu verschiedensten Themen der Museumswissenschaft anzuhören. Die Inhalte waren bunt gemischt und von Human Ressource Management über Museum Collections bis hin zu Interpreting Material Culture war alles Mögliche dabei. Dementsprechend konnten auch die Dozenten nicht verschiedener sein, jeder hatte langjährige Erfahrung im jeweiligen Fachbereich, entweder in der Lehre oder in der Praxis.

Am meisten begeistert haben uns die drei Geschichtskurse, die wir zusätzlich zu den abendlichen Kursen der Museumswissenschaft hatten. Es ging darin nicht, wie wir zunächst vermutet hatten, um die ägyptische Hochkultur mit all seinen Pharaonen, Pyramiden und Tempeln, sondern vielmehr um historische Zeiten, die oftmals von den Alten Ägyptern überstrahlt werden: die griechisch-römische Archäologie, die koptische, sowie die islamische Geschichte Ägyptens. Wir waren nur zu dritt in diesen Kursen, was sie zwar umso (lern)intensiver, aber gerade deshalb auch spannender gemacht haben. Wir haben so die Geschichte Ägyptens, vor allem die Alexandrias und Kairos, von einer ganz anderen und manchmal auch überraschenden Seite kennen gelernt. Wussten Sie beispielsweise, dass Kairo schon die vierte islamische Hauptstadt Ägyptens ist? Und dass sich das heutige kairener Stadtgebiet über sämtliche dieser vorangegangenen Hauptstädte erstreckt?

Dieses gesammelte historische Wissen konnten wir dann direkt anwenden, wenn wir mit den anderen internationalen Studenten oder Freunden aus Deutschland durch die Stadt flaniert sind.

Doch nicht, dass ich hier ein falsches Bild vom Unterricht zeichne: wir sind nicht nur im Kursraum gesessen und haben uns über irgendwelche verstaubten Bauwerke und museale Erinnerungen unterhalten. Ganz im Gegenteil, ein wichtiger Bestandteil der Kurse waren größere und kleinere Ausflüge. Auch wenn man bei uns nur die großen ägyptischen Museen kennt, die die Meisterstücke der altägyptischen Geschichte ausstellen, gibt es dennoch zahlreiche kleinere und kleine Museen, die einen Besuch lohnen. Und natürlich auch noch andere, die sichtlich vernachlässigt werden, aber auch diese übten auf uns einen gewissen Reiz aus.

Mit Block und Stiften bewaffnet ging es bei diesen Exkursionen durch die Museen um Positives und Negatives festzuhalten und im Nachhinein, sofern die Zeit es zuließ, noch darüber zu sprechen. Manchmal hätte man aber auch meinen können, dass das Wichtigste unserer Museumsbesuche ganz zum Schluss kam: Das Gruppenfoto! Mehr als einmal haben wir es so auf die Website eines Museums oder gar einer der größten kairener Tageszeitungen geschafft! Daran konnte man einmal mehr den Hang der Ägypter erkennen, von allem und allen zu jeder sich bietenden Gelegenheit Fotos zu machen. Was auf der einen Seite super nützlich ist, weil man seinen gesamten Tagesablauf nachvollziehen kann (und wir wissen ja, Dokumentation ist wichtig!), aber auf der anderen Seite auch unglaublich aufhalten kann.

Das bringt mich zu unserem Ausflug zur Fayyum-Oase, die theoretisch nur eineinhalb Stunden südwestlich von Kairo liegt. Ich glaube an diesem Tag haben wir so gut wie alle Pyramiden gesehen, die auf dem Weg dorthin liegen, aber leider den See der Oase nicht beziehungsweise nur im Dunkeln. Aber immerhin, dachten wir uns im Nachhinein, immerhin waren wir da und hatten alles in allem einen ziemlich unterhaltsamen Tag.

Von unserer Dozentin für koptische Geschichte durften wir uns eine Exkursion wünschen und sind deshalb einen Tag ins Wadi Natrun gefahren. Eine Gegend, in der vier der ältesten und bedeutendsten christlichen Klöster Ägyptens liegen. Dort wurden wir in den verschiedenen Gemeinschaften von jeweils einem Glaubensbruder begrüßt und durch die Anlage geführt. Nicht nur die sehr alten Wandermalereien im charakteristisch koptischen Stil konnten wir aus nächster Nähe betrachten, sondern wir haben auch einen Einblick in die christliche Tradition des Landes und das dortige Leben der Mönche bekommen.

Weil sich das Zentrum des ägyptischen Lebens zur griechisch-römischen Zeit vorwiegend in Alexandria befunden hat und wir natürlich nicht nur aus den Büchern, sondern auch am Objekt lernen wollten und sollten, hat uns unser Dozent für einige Tage eine Exkursion in die zweitgrößte Stadt Ägyptens organisiert. Dort haben wir nicht nur (aber viele) Friedhöfe und Katakomben besucht, sondern auch Museen und natürlich die berühmte Bibliothek von Alexandria! Leider nicht mehr die, in der sich Mirakulix bei seinem Besuch in Ägypten Papyri geliehen hat (die wurde im 1. Jahrhundert zerstört), sondern eine moderne Version davon.

Langweilig wurden die Exkursion nur selten, vor allem auch deshalb, weil wir meist zusammen mit anderen internationalen und ägyptischen Studenten unterwegs waren. Vor allem boten sie auch genug Zeit und Gelegenheit um sich einmal intensiver mit den Kommilitonen auszutauschen und Freundschaften zu knüpfen, die dann wiederum die Stunden im Meeting Room zumindest gefühlt verkürzt haben. 

Lisa-Maria Rösch