Landesmuseen
Landesmuseen – Potentiale und Perspektiven
Vortragsreihe im Toskana-Saal der Würzburger Residenz
Veranstaltet vom Mainfränkischen Museum, von den Freunden Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. sowie der Professur für Museologie der Universität Würzburg
Das Mainfränkische Museum befindet sich aktuell im Umbruch: Das künftige Museum für Franken soll als „Landesmuseum“ in der Trägerschaft des Freistaates Bayern ganz Franken in seiner geschichtlichen und kulturellen Vielfalt im Blick haben.
Solche Landesmuseen widmen sich einer Region und verbinden vor dem Hintergrund der im 19. Jh. aufkommenden Nationalstaaten die „Geschichte ‚vor Ort‘ mit konkreten Personen, Orten oder Ereignissen“ (Jan Gerchow). Ihre Sammlungen gehen auf herrschaftliches und/oder bürgerliches Engagement zurück, durch das Objekte aus persönlicher Sammelleidenschaft oder als Zeugnisse regionaler Historie zusammengetragen wurden. Mit authentischen Exponaten sowie vereinfachten historischen Narrativen stimulieren sie eine „sinnliche Geschichtserkenntnis“ (Hans-Ulrich Thamer) und wecken Erinnerungen an eine immer ferner werdende Vergangenheit. Dabei stellen ihre identitätsstiftenden und ‚volksbildnerische‘ Absichten eine Gegenreaktion auf den rasanten gesellschaftlichen, technischen und industriellen Wandel dar.
Kulturelle Pluralisierung, Globalisierung und Digitalisierung veränderten jedoch in den letzten Jahrzehnten das Selbstverständnis von Museen erneut. Und so haben sich viele der angestammten, kulturgeschichtlich ausgerichteten Landesmuseen in jüngster Zeit erneuert: Sie haben eigene Wege beschritten, ihre Aufgaben neu und zeitgemäß definiert, ihre Sammlungen entsprechend präsentiert, so dass die Museumslandschaft heute Regionalmuseen ganz unterschiedlicher Prägung zeigt, was deren Besuch immer wieder spannend und anregend macht.
Innovative Perspektiven für Landesmuseen präsentierte diese Vortragsreihe im WS 2016/17, um den bürgerschaftlichen und inhaltlichen Diskurs um das neue Museum für Franken zu befördern. Denn auch in Würzburg stehen wir in den nächsten Jahren vor der Aufgabe, das traditionsreiche Mainfränkisches Museum in ein modernes und zukunftsweisendes Haus zu verwandeln. Diesbezüglich gaben folgende Referenten Einblick in Konzeptionen, Planungen und (Er-)neuerungsprozesse:
Montag, 24. Oktober 2016, 19.15 Uhr: Prof. Dr. Helmut Flachenecker (Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte, Universität Würzburg): „Museum für Franken aus der Perspektive eines Landeshistorikers“ (Arbeitstitel)
Montag, 21. November 2016, 19.15 Uhr: Dr. Richard Loibl (Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg): Das neue Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg
2018 wird zum Jubiläum 100 Jahre Freistaat Bayern in Regensburg das Museum der Bayerischen Geschichte eröffnen. Verantwortlich für die Konzeption des Museums ist das Haus der Bayerischen Geschichte, zugleich Veranstalter der Bayerischen Landesausstellungen. Das neue Museum in Regensburg wird die Entwicklung Bayerns zum modernen Staat präsentieren, also zeitlich von etwa 1800 bis zur Gegenwart reichen. In diesem Vortrag werden Konzept und Perspektiven des neuen Museums vorgestellt.
Montag, 5. Dezember 2016, 19.15 Uhr: Prof. Dr. Cornelia Ewigleben (Landesmuseum Württemberg, Stuttgart): Altes Schloss – Neu gedacht. Der Masterplan des Landesmuseums Württemberg, Stuttgart
1862 als „Königliche Staatssammlung Vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmale“ gegründet, ist das Landesmuseum Württemberg in Stuttgart heute das größte kulturhistorische Museum in Baden-Württemberg. Sein Hauptgebäude, das Alte Schloss, war einst die Residenz der württembergischen Herzöge und ist somit ein geschichtsträchtiger Ort im Zentrum der Landeshauptstadt. Das 1944 fast vollständig zerstörte Gebäude wurde nach Kriegsende wiederaufgebaut und als Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nachdem in den Jahren 90iger Jahre bereits wenige Teilbereiche eine Modernisierung erhielten, erfolgte 2005/2006 die Erarbeitung eines Masterplans zur Sanierung und Neueinrichtung der Ausstellungsräume. Es galt, das Gebäude zu einem attraktiven Kulturstandort zu entwickeln, der den heutigen Anforderungen an ein zeitgemäßes Museum gerecht wird. Der Vortrag stellt diesen Masterplan, den Umsetzungsprozess und die Überlegungen zur Profilierung des Museums vor.
Montag, 16. Januar 2017, 19.15 Uhr: Dr. Andreas Rudigier (vorarlberg museum, Bregenz): „Das neukonzipierte und neugestaltete vorarlberg museum“ (Arbeitstitel)
Montag, 30. Januar 2017, 19.15 Uhr: Dr. Gottfried Fliedl (Museologe, Graz): Land - Museum - Identität. Das Steiermärkische Landesmuseum als Modellfall
Landesmuseen sind als Orte der regionalen Identitätsbildung entstanden. Diese Aufgabe soll am Beispiel des Steiermärkischen Landesmuseums untersucht werden, das 1811 als "Joanneum" in Graz gegründet, seit einigen Jahren als „Universalmuseum Joanneum" geführt wird. Die über zweihundertjährige Geschichte dieses Museums erlaubt es, an Hand seiner Organisation, seiner Sammlungsschwerpunkte, seiner wechselnden inhaltlichen Ausrichtungen, seines unorganischen Wachstums zum aus vielen Abteilungen und Standorten gebildeten heutigen „Konzern“, den Wandel der Idee des Museums und der des Typs Landesmuseum nachzuzeichnen und Fragen der aktuellen Positionierung generell aufzuwerfen. Politisch-ideologische Implikationen werden dabei ebenso zur Sprache kommen wie die Öffentlichkeiten, die ein solches Museum tragen, sich vom Museum selbst aus formieren bzw. von ihm noch angesprochen werden.