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Institut für Kunstgeschichte

Nachruf auf Prof. Dr. Josef Kern

14.08.2024

Prof. Dr. Josef Kern war eine vor allem in der Würzburger und unterfränkischen Kunstszene sehr bekannte Persönlichkeit. Aufgrund seines profunden Sachwissens und seines umgänglichen und humorvollen Wesens erfreute er sich großer Beliebtheit, obgleich er eine mitunter scharfe Zunge sein Eigen nennen durfte, was ihn zum geschätzten Kunstkritiker befähigte. Am 15. Juni 1951 wurde Josef Kern (von seinen Freunden schlicht „Sepp“ genannt) in Würzburg geboren. Seine äußeren Erkennungszeichen waren in seinen letzten Lebensjahrzehnten ein dichter weißer Schopf und ein Schnauzbart, die ihn schon von weitem als Angehörigen der Künstlerschaft auswiesen, auch wenn er nicht mit eigenen künstlerischen Arbeiten hervortrat. Sein Metier war es vielmehr, die Kunst vorwiegend Würzburger und fränkischer Maler, Bildhauer und Architekten einem interessierten Publikum durch Vorträge, Schriften, Vernissagen und die akademische Lehre nahezubringen. Schon in seiner Studienzeit an der Alma Julia zeichnete sich sein künftiger Lebensweg als Kunstinterpret ab. In ein kunstbegeistertes Elternhaus geboren – sein Vater, der denselben Namen trug, war der verdienstvolle Direktor des Würzburger Überlandwerks und bayerischer Senator – begann er schon früh, Kunst zu sammeln und sich ein ‚Archiv‘ heimischer Künstler anzulegen. Sein Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und der Volkskunde schloss er 1986 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Seine Dissertation widmete sich dem Thema des „Impressionismus im Wilhelminischen Deutschland“. Nach seinem Studium war er als Wissenschaftsjournalist und Sachbuchautor kunstgeschichtlich tätig. Von seinen Künstlermonografien seien hier nur die Bücher über den Maler Karl Walther, die Malerin Carola Wollenweber sowie die Maler Josef Scheuplein, Curd Lessig und Robert Reiter genannt. Josef Kerns Kennertum und seine persönlichen Kontakte zu ungezählten Künstlern Frankens und weit darüber hinaus ließen ihn schon bald zu einem gesuchten Kunstexperten werden, dessen Rat bei Kunsthistorikern und Kunstsammlern gefragt war. Wie jeder Kunstkenner spezialisierte er sich auf einen Ausschnitt in der Fülle des Kunstschaffens, da es unmöglich ist, die gesamte Kunsttätigkeit zu überblicken. Seine Neigung gehörte der modernen, genauer der zeitgenössischen Kunst, insbesondere Frankens. Er wusste das heimische Kunstschaffen, sofern es seinen qualitativen Vorstellungen entsprach, sehr zu schätzen, zumal er die von manchen Kunstsachverständigen willkürlich gezogene Grenze zwischen Kunst und Kunsthandwerk grundsätzlich nicht anerkannte.

Seit 1991 war er bis 2016 zunächst als Lehrbeauftragter, seit 2003 als Honorarprofessor, am Institut für Kunstgeschichte der Universität Würzburg tätig. Lehre und Forschung konzentrierten sich an diesem seit jeher auf die Kunst Italiens und die Epochen der Renaissance und des Barocks, während das 19. Jahrhundert und die Moderne – von Ausnahmen abgesehen – nur ausnahmsweise Gegenstand der Forschung und Lehre waren. Mehr und mehr rückten indessen Historismus und Moderne in den Interessenfocus der Studierenden, worauf die Dozentenschaft des Instituts reagieren musste. Hieraus erklärt sich der Lehrauftrag für Josef Kern. Sein großer Lehrerfolg führte schließlich zur Verleihung der Honorarprofessur, so dass es nunmehr möglich wurde, auch an der Würzburger Universität über die Moderne zu arbeiten. Herr Prof. Kern war der Mittelpunkt einer Schülerschar, die das zeitgenössische Kunstschaffen nicht nur durch das Studium der Literatur, sondern auch durch Werkstattbesuche bei fränkischen Künstlern kennenlernten. Der Dozent verstand es glänzend, von der Kunstgeschichtswissenschaft zur kunst- und kulturgeschichtlichen Praxis Brücken zu schlagen, wofür ihm seine Schüler sehr dankbar waren.

Sein Kunstarchiv und große Teile seiner Bibliothek schenkte er dem Würzburger Institut für Kunstgeschichte. Auch seine künftigen Kollegen werden ihm hierfür dankbar sein.

Am 7. August verstarb Prof. Dr. Josef Kern überraschend in seiner Wahlheimat Ungarn. Das Kollegium des Instituts für Kunstgeschichte an der Universität Würzburg und alle seine Mitarbeiter betrauern seinen Hingang und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Institut für Kunstgeschichte der Universität Würzburg

Prof. Dr. (em.) Stefan Kummer

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