Spuren aus der Jungsteinzeit
10/20/2009ARCHÄOLOGIE Dozenten und Studierende der Universitäten Bamberg und Würzburg fanden seltene Überreste vom Neolithikum bis zur Eisenzeit bei ihren Grabungen an den Rothensteinen (aus: "Fränkischer Tag" 16. 10. 2009).
Stübig — Steigt man von Stübig kommend den Steilhang zu den imposanten Jurafelsen des Kleinen und Großen Rothenstein hinauf, kann man nachvollziehen, warum Dr. Timo Seregély ein zwiespältiges Verhältnis zur Grabungsstelle hat: Zwar seiender Ort und die Umgebung wunderschön, jedoch „hatten wir einen enormen logistischen Aufwand, die schwere Ausrüstung musste jedes Mal den Hang hinaufgeschleppt werden. Die Infrastruktur ist hier oben nicht besonders entwickelt“, sagt der Ausgrabungsleiter von der Professur für Ur- und frühgeschichtliche Archäologie der Universität Bamberg.
Bereits in den 1950er Jahren waren hier erstmals von dem Oberlehrer Maurer und seinen Schülern Keramik- und Knochenstücke bei den gefunden worden. 2003 und 2007 führten die Universitäten Bamberg (unter Leitung von Seregély) und Würzburg (unter Leitung von Prof. Dr. Frank Falkenstein, ehemals Bamberg) an gleicher Stelle Grabungen durch. Seitdem geht man davon aus, dass es sich bei der vorliegenden Art der Funde um eine kultische Nutzung der beiden Felstürme handeln muss. Die zerstückelten Keramikscherben, angebrannte Knochenteile, Miniaturäxte und -räder lassen darauf schließen, dass hier religiöse und soziale Riten abgehalten wurden.
Im Sommer dieses Jahres wurden die Grabungsarbeiten, die von der Oberfrankenstiftung gefördert werden, schließlich fortgesetzt, Ende dieser Woche werden sie nun vorerst abgeschlossen. Die frühesten der Funde stammen aus dem Neolithikum, genauer aus der späten Jungsteinzeit und sind ungefähr auf 2600 v. Chr. zu datieren.
Aber auch aus der Metallzeit (ca. 2000 bis 500 v. Chr.) konnten Stücke freigelegt werden.
„Der Ort ist also immer wiederbegangen worden und es handelt sich auf jeden Fall um stetig wiederholte Prozesse“, schließt Seregély daraus. Dass so viele Stücke um die Felsen herum zu finden sind, könnte darauf hindeuten, dass „sie bewusst heruntergeworfen wurden, es sich also um menschliche, rituelle Eingriffe handelt“, mutmaßt der Wissenschaftler weiter.
Mit der so genannten C14-Methode untersucht man die Überreste und will so mit Hilfe der Fundzusammensetzung die stattgefundenen Prozesse entschlüsseln.„Vor allem die Knochen sind ein guter Schlüssel zur genaueren Datierung“, so Seregély. Aus einem Netz vieler kleiner Schnitte wolle man das Mosaik nach und nach zusammensetzen.
Die Felsen seien jedenfalls damals mit Leitern oder Ähnlichem bestiegen worden. Auch Studierende der beiden beteiligten Hochschulen öffnen in Kletteraktionen mit Bohrstechern Grabungsstellen auf den 15 bis 20 Meter hohen Felsen. Am Boden arbeitet man vor allem mit Geomagnetik. Ohne vorerst einen Spatenstich zu machen, könne man damit längliche Strukturen sichtbar machen, so sei man auch auf Siedlungsbauten aus der Schnurkeramik gestoßen. Für diese Zeit seien die gefundenen Gefäßverzierungen, die mit Hilfe einer Schnur in frischen Ton gedrückt wurden, charakteristisch.
„Schnurkeramik-Siedlungen in Mitteleuropa sind so gut wie keine bekannt, abgesehen von der Schweiz“ – und erst recht nicht auf einem Steilhang wie beiden Rothensteinen, so Seregély. Dem Leiter und seinen insgesamt 35 Studierenden bot sich daher bei dieser Lehrgrabung eine tolle Gelegenheit, diachron durch die Zeiten hindurch zuforschen. Die Auswertungen werden in den nächsten Monaten, oftmals in Form von Magister- oder Doktorarbeiten, erfolgen.
Vorerst werde die Grabung an den Rothensteinen nun eingestellt. Seregély schlägt jedoch eine Fortführung in absehbarer Zeit vor: „Das Gebiet ist durch Rohdung und Erosion auf Dauer gefährdet.“
Text: Angela Esterer, Fränkischer Tag
Fotos: Barbara Herbst, Fränkischer Tag