Archäologische und landschaftsgeschichtliche Untersuchungen auf dem Fundplatz des bronzezeitlichen Goldhuts von Schifferstadt, Rheinland-Pfalz
Aus Gold gefertigte Zeremonialhüte bilden eine exklusive und bis heute rätselhafte Fundgruppe der Bronzezeit. Der bereits 1835 zusammen mit drei Bronzebeilen entdeckte Goldhut von Schifferstadt (Abb. 1) kann in das 15. bis 13. Jahrhundert v. Chr. datiert werden und ist damit das älteste bekannte Exemplar dieser Art.
Der Fundplatz ist in der Gemarkung Schifferstadt auf einer flachen Talsandinsel der Niederterrasse gelegen, wo er an drei Seiten von Feuchtgebieten umschlossen wird. Amtliche Fundprotokolle aus der Zeit der Entdeckung erlauben es zwar die Fundparzelle, nicht aber die genaue Fundstelle im Gelände zu lokalisieren. Bei langjährigen Feldbegehungen wurden auf den angrenzenden Ackerflächen immer wieder Keramikscherben der Bronzezeit aufgelesen. Es wurde deshalb vermutet, dass die Fundstelle des Goldhutes in einen ausgedehnten zeitgenössischen Fundplatz eingebettet lag, dessen Funktion und Struktur jedoch unbekannt sind.
Im Vorfeld der archäologischen Ausgrabung wurden vom Geographischen Institut der Universität Heidelberg im Herbst 2005 geoelektrische Feldmessungen vorgenommen, die Aufschluss über den pleistozänen und holozänen Bodenaufbau des Fundplatzes lieferten (Abb. 2). Geomorphologische Feldstudien im Frühjahr 2006 werden es erlauben, den natürlichen und anthropogenen Landschaftswandel am Fundplatz bis ins Detail zu rekonstruieren.
Im März 2006 wurde auf dem Fundacker des Goldhutes eine Lehrgrabung mit 23 Studenten der Ur- und Frühgeschichte durchgeführt. Hierbei ging es darum, auf einer 800 qm großen Grabungsfläche die Originalfundstelle zu identifizieren und weitere Informationen zum umgebenden Fundplatz zu gewinnen (Abb. 3).
Eine im Bereich der ehemaligen Fundparzelle aufgedeckte submoderne Eingrabung stimmt genau mit den Angaben des Fundprotokolls aus dem 19. Jh. überein und erlaubt es, die Fundbeobachtungen zu ergänzen (Abb. 4). So kann die in den Fundberichten einmal als „bröselige Eisenplatte“, ein anderes Mal als „schwach gebrannte Tonplatte“ angesprochene Schicht direkt unterhalb des Goldhutes mit einer dünnen natürlichen Tonablagerung schwärzlicher Färbung identifiziert werden. Der originale Fundverband des Goldhutes wurde durch die damalige Bergung gänzlich zerstört. Das Fehlen jeglicher Beifunde im Grubenaushub bestätigt jedoch die Fundbeobachtung, dass Goldhut und Bronzebeile als rituelle Deponierung isoliert im Boden niedergelegt wurden.
Nur etwa 10 Meter von der mutmaßlichen Fundstelle des Goldhutes entfernt wurde der Rand einer bronzezeitlichen Kulturschicht erfasst, die sich streifenförmig entlang der Uferzone eines Feuchtgebietes erstreckt (Abb. 3). Durch eine jüngere Flugsanddecke wurde die 20 cm mächtige Kulturschicht vor einer Zerstörung durch den Pflug bewahrt. Die Ablagerung ist mit Keramikscherben und Tierknochen durchsetzt und bildet an ihrer Oberkante einen bronzezeitlichen Laufhorizont, auf dem mehrere Scherbenpflaster angetroffen wurden (Abb. 5). Obwohl die Kulturablagerung sich als ausgesprochen fundreich erwiesen hat, fehlen typische Siedlungsindikatoren wie Bebauungsreste und Gruben.
Die geborgene Keramik umfasst überwiegend grobe Hauskeramik wie Koch- und Vorratsgefäße, die bisher nur allgemein in die Mittelbronzezeit datiert werden konnten. Dagegen liefert der Fund einer bronzenen Gewandnadel einen präziseren Datierungshinweis in die mittlere Hügelgräberbronzezeit (ca. 15. Jh. v. Chr.). Die alt gebrochene Gewandnadel fand sich zwischen Scherbenpflastern und wurde wohl unabsichtlich in den bronzezeitlichen Laufhorizont eingetreten (Abb. 6).
Eine Schlüsselstellung bei der funktionalen Ansprache des Fundplatzes nehmen die zahlreichen Tierknochen ein. Bei einer ersten Sichtung der tierischen Makroreste wurden fast ausschließlich Haustiere festgestellt. Die Zusammensetzung der Skelettteile, Knochenzertrümmerung und häufige Fraßspuren von Hunden lassen vermuten, dass es sich um Schlacht- und Speiseabfälle handelt, wie sie in Siedlungen zu erwarten sind. Die Auswertung der botanischen Proben lässt auf weitere Hinweise zur Nutzung des Platzes hoffen.
Die Fundstelle des Goldhutes und die etwa zeitgleiche Kulturschicht (Abb. 8) dürften am Rande eines ausgedehnten mittelbronzezeitlichen Siedlungsareals gelegen haben, das zwar durch Feldbegehungen, nicht aber durch die bisherige Grabung erfasst wurde. Möglicherweise haben wir mit der amorphen Kulturablagerung eine Abfallzone im Staunässebereich eines Uferstreifens vor uns. In scheinbarem Widerspruch hierzu steht die zeitnahe Deponierung des kostbaren Goldhutes in unmittelbarer Nachbarschaft. In wie weit der Platz profane und kultische Funktionen erfüllte, bleibt durch zukünftige Untersuchungen zu klären.
Text: Frank Falkenstein
Literatur:
P. Schauer, Die Goldkegel der Bronzezeit. Ein Beitrag zur Kulturverbindung zwischen Orient und Mitteleuropa. Monographien RGZM 8, Bonn 1986.
L. Sperber, Wer trug den goldenen Hut? - Überlegungen zur gesellschaftlichen Einbindung der Goldkegel vom Typus Schifferstadt. In: Gold und Kult der Bronzezeit. Germ. Nationalmus. Nürnberg, Ausstellung 22. Mai bis 7. September 2003, Nürnberg 2003, 204-219.
F. Falkenstein, Neues zum Goldhut von Schifferstadt. Archäologie in Deutschland 2006-6, 53.
Kooperationspartner:
Institut für Ur- und Frühgeschichte, Universität Heidelberg
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Archäologische Denkmalpflege Amt Speyer
Geographisches Institut, Universität Heidelberg
Arbeitsstelle Osteologie Konstanz, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg,
Labor für Archäobotanik Hemmenhofen, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg
Förderer:
Verein für Heimatpflege e.V., Schifferstadt
Heberger Bau AG
BASF AG
Stadt Schifferstadt