Höhensiedlung "Hinterer Berg" bei Landersdorf
Neue Erkenntnisse zu den Befestigungsanlagen am "Hinteren Berg" bei Landersdorf, Gemeinde Thalmässing, Landkreis Roth, Mittelfranken
Die Erforschung des Hinteren Berges begann 1941 mit einem Grabungsschnitt der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg (NHG) durch die Reste der ottonischen Befestigung (Abb. 2,6–7). Bei weiteren Grabungen der NHG zwischen 1988 und 1991 konnte ein westlich vorgelagerter Graben (5) ins Spätneolithikum und der östlich nachgelagerte, flache Wall (10) in die Urnenfelderzeit datiert werden. Eine 2007 im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Fürstensitze“ durchgeführte Ausgrabung zeigte, dass es sich bei der urnenfelderzeitlichen Fortifikation (10) um eine 1,5 m breite, erdgefüllte Trockenmauer mit hölzerner Rückfront handelte, die durch eine mit Quer- und Längsankern verbundene Doppelpfostenreihe stabilisiert wurde. Der Mauer ist ein 3 m breiter und etwa 1,2 m in den Fels eingetiefter Graben vorgelagert (9). Ein 14C-Datum datiert das Bauwerk in die erste Hälfte bis Mitte des 9. Jh. v. Chr. (Ha B3).
Weitere Grabenstrukturen (11–12) innerhalb dieser Befestigung konnten dagegen der Chamer Gruppe zugewiesen werden. Ihre Auswertung wurde 2013 im Rahmen einer Würzburger Abschlussarbeit in Angriff genommen, welche durch die Magnetometer-Prospektion (Abb. 1) in allen zugänglichen Bereichen des Bergsporns entscheidend ergänzt wird.
Durch die Magnetometer-Prospektion gaben sich weitere, eindeutig auf die urnenfelderzeitliche Abschnittsbefestigung bezogene Annäherungshindernisse (8) zu erkennen. Es handelt sich um eine dicht aufeinander folgende Reihe von langovalen Anomalien, die in etwa 2–2,5 m Entfernung strahlenförmig vor dem Graben angeordnet sind. Sie weisen untereinander einen Abstand von ca. 1 m auf, ihre Länge variiert zwischen 2,5 und 4,5 m. Fünfzehn derartige Strukturen lassen sich in der Plateaumitte sehr deutlich erkennen, während sie nördlich davon aufgrund von Lücken in der Messung und Erosion im Hangbereich nicht nachgewiesen werden können. Im Süden zeichnen sie sich zumindest als weniger deutliche Anomalien ab, bevor die Situation kurz vor der Plateaukante durch den Grabungsschnitt der NHG verunklart wird. Darin konnten sie nicht als in den Fels eingetiefte Strukturen erkannt werden, was für eine Befundtiefe von maximal 0,5 m spricht. Der Aushub aus den Gruben dürfte in den Zwischenräumen als dammartige Aufschüttung gelagert gewesen sein, wodurch ein ausgeprägt wellenförmiger Geländestreifen entstand.
Vergleichbare Annäherungshindernisse sind an mehreren bayerischen Wallanlagen noch im Gelände erhalten, werden dort allerdings als „Ungarnhindernisse“ interpretiert und ohne stichhaltigen Nachweis ins 10. Jh. datiert. In Landersdorf liegen sie jedoch nicht nur innerhalb der ottonischen Befestigung, sondern nehmen eindeutig Bezug auf die Ha B3-zeitlichen Befunde, die nachweislich im Hochmittelalter eingeebnet worden waren. Zwar können dadurch ebenso wenig alle „Ungarnhindernisse“ pauschal der späten Urnenfelderzeit zugerechnet werden, doch ist allemal bemerkenswert, dass von nahezu jeder dieser Anlagen urnenfelderzeitliche Funde vorliegen, während die ottonische Nutzung häufig nur postuliert ist.
Da eine derartige Sperre für Infanterie nur bedingt ein Hindernis darstellt, sollten damit offenbar berittene Bogenschützen in größerer Distanz zur Mauer gehalten werden, um ihnen treffsichere Schüsse zu erschweren. Offenbleiben muss vorerst aber, ob die Verteidigungsmaßnahme einem autochthonen Feind oder vielleicht auch damals schon fremden „Pferdebognern“ wie etwa den Kimmeriern gelten sollte.
Text: Markus Schußmann
Spätneolithische (?) Befunde im Magnetogramm
Auf der bislang unerforschten Fläche im Westen sind im digitalen Geländemodell und in einem Luftbild zwei Gräben auszumachen, die parallel zueinander über den Bergsporn verlaufen (1–2). Im Magnetogramm zeichnen sich beide nur als sehr schwache Anomalien ab. Eine Deutung als Abschnittsgräben der Chamer Kultur liegt nahe, da aus diesem Bereich bislang ausschließlich Funde dieser Zeitstellung zutage traten. Hinzu kommt eine schmale Anomalie (3), bei der es sich um ein Palisadengräbchen handeln kann.
Bei einem rechteckigen, 4,5x5,3 m messenden Befund (4) im Südwesten könnte es sich um ein Grubenhaus handeln. In Form und Größe entsprechende spätneolithische Befunde sind beispielsweise vom Alten Berg bei Burgerroth oder vom Goldberg im Nördlinger Ries bekannt. Eine mittelalterliche Datierung ist unwahrscheinlich, da sich der Befund weit außerhalb der Befestigungsanlage befindet.
Bereits durch die Ausgrabungen der NHG konnte ein auch im Gelände sichtbarer Graben (5) in das Spätneolithikum datiert werden. Er wurde im Magnetogramm fast vollständig erfasst und verläuft leicht gebogen in ca. 15–20 m Abstand zur ottonischen Befestigung (6–7). Bei einer Unterbrechung im nördlichen Abschnitt handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Tordurchlass.
Ein weiterer Abschnittsgraben (11) wurde bereits durch die Ausgrabung 2007 in die Chamer Kultur datiert. Sein Verlauf hingegen konnte erst durch die Magnetometer-Prospektion ermittelt werden. Er gliedert sich in mehrere Segmente, die durch Unterbrechungen voneinander abgesetzt sind, von denen zwei eindeutig als Tordurchlässe angesprochen werden können. Der südliche wird durch zwei längliche, an die Innenseite des Grabens angesetzte Gruben zu einer knapp 2 m breiten Gasse verengt. In circa zwei Metern Abstand verläuft parallel zur Innenseite des Grabens eine nur ca. 30–80 cm schmale Anomalie (12). Nach den Grabungsergebnissen handelt es sich um ein zweiphasiges Palisadengräbchen.
Die zwei Anomalien 13 und 14 schließen sich möglicherweise zu einem weiteren Palisadengräbchen zusammen; allerdings ist ein geologischer Ursprung nicht gänzlich auszuschließen. Bei einigen Befunden (15–16, 18–19) mit einem Durchmesser von ca. 2,3–4 m handelt es sich wahrscheinlich um Siedlungsgruben, bei der knapp 7 x 7 m großen, annähernd quadratischen Anomalie 17 eventuell sogar um ein weiteres Grubenhaus. Daneben fallen im Magnetogramm zahlreiche weitere unregelmäßig verlaufende Strukturen ins Auge. Mit größter Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei jedoch um Klüfte und Spalten im anstehenden Jurakalk.
Neben den bereits sicher datierten spätneolithischen Befunden (5, 11–12) erbrachte die Magnetometer-Prospektion einige unerwartete und interessante neue Erkenntnisse. Sollte sich die vermutete spätneolithischen Zeitstellung der beiden äußeren Gräben (1–2) durch zukünftige Untersuchungen bestätigen, handelt es sich beim Hinteren Berg um eine äußerst aufwendig befestigte Höhensiedlung der Chamer Kultur. Die Ergebnisse der Magnetik eröffnen zahlreiche neue Fragestellungen, denen nur im Rahmen zukünftiger Feldforschungen nachgegangen werden kann.
Text: Thomas Link, Markus Roth
Literatur
K.-D. Dollhopf, Der Hintere Berg bei Landersdorf. Die Ergebnisse der Grabung von 1988–1991. Beitr. Vorgesch. Nordostbayern 4 (Nürnberg 2006).
M. Schußmann, Siedlungshierarchien und Zentralisierungsprozesse in der Südlichen Frankenalb zwischen dem 9. und 4. Jh. v. Chr. Berliner Arch. Forsch. 11 (Rahden/Westf. 2012).
J. P. Zeitler, Eine vorgeschichtliche und mittelalterliche Siedlung und Befestigung auf dem Hinteren Berg bei Landersdorf. Arch. Jahr Bayern 1991, 56–58.
Autoren und Ansprechpartner
Dr. Thomas Link, Markus Roth B.A., Dr. Markus Schußmann
Institut für Altertumswissenschaften
Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Residenzplatz 2, Tor A
97070 Würzburg