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Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie

Informationen zum Fach

Ein Abschluss des Studiums der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie qualifiziert die Absolventinnen und Absolventen zur Tätigkeit in den Bereichen

  • Bodendenkmalpflege (im Rahmen der Landes, Kreis- oder Kommunalarchäologie)
  • Museen und Ausstellungswesen (zumeist in staatlichen oder kommunalen Institutionen)
  • Archäologiefirmen (Ausgrabung, Dokumentation)
  • Kulturmanagement, Verlagswesen usw.
  • Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

 

Die Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie ist eine historisch arbeitende Kulturwissenschaft. Ausgehend von den materiellen Hinterlassenschaften (Funde und Befunde) erforscht sie Umwelt, Wirtschaft und soziale Organisationsformen der frühen Menschheit ebenso wie Kunst, Brauchtum und Religion, soweit diese einen materiellen Niederschlag finden. Die Forschung zielt daher auf die Analyse und Rekonstruktion kulturgeschichtlicher Zusammenhänge und Entwicklungsprozesse in Zeitperioden und geographischen Räumen vor dem Einsetzen der Schrift.

Die Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie beginnt mit dem Auftreten des Menschen und insbesondere mit dem Auftreten der frühesten Artefakte des Menschen, und sie endet zeitlich und räumlich, wenn neben die Bodenfunde in erheblichem Umfang schriftliche Quellen treten.

Zeitlich umfaßt die Vorgeschichte die Epochen der Alt-, Mittel- und Jungsteinzeit (Paläo-, Meso- und Neolithikum), der Kupferzeit (Äneolithikum oder Chalkolithikum) sowie der Bronze- und der Eisenzeit. Die Erforschung der Altsteinzeit (Paläolithikum, ca. 800.000-10.000 v. Chr.) nimmt dabei eine Sonderstellung ein, da sie sich infolge der engen Verflechtung mit den Naturwissenschaften (insbesondere Paläoanthropologie und Quartärgeologie) zu einer eigenen Disziplin entwickelt hat.

Die Frühgeschichte Mitteleuropas umfaßt den Zeitraum von der Spätantike bis zum Beginn des Hochmittelalters unter Heranziehung vornehmlich archäologischer, aber auch historischer Quellen. Außerhalb Mitteleuropas ist die Abgrenzung zwischen Vor- und Frühgeschichte traditionell durch das Einsetzen schriftlicher Überlieferung vorgegeben, wobei je nach Kulturraum zeitliche Unterschiede auftreten.

Geographisch ist die Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, obgleich prinzipiell nicht räumlich beschränkt, zumeist auf Europa ausgerichtet, wobei auch die angrenzenden Räume West- und Zentralasiens sowie Nordafrikas berücksichtigt werden. Für das Verständnis der Archäologie Mittel-, Nord- und Westeuropas haben die kulturellen Gegebenheiten und Entwicklungen Südosteuropas und des östlichen Mittelmeerraumes in den meisten vorgeschichtlichen Epochen eine besondere Bedeutung, da sie vielfach eine Mittlerfunktion zu den frühen Innovationszentren Klein- und Vorderasiens und zu deren späteren Hochkulturen einnehmen.

Die Quellen der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie sind ausschließlich oder überwiegend gegenständlicher Natur (Bodendenkmäler und Fundobjekte), und die Methoden des Faches unterscheiden sich daher erheblich von den (auf schriftlicher Überlieferung basierenden) Methoden der historischen Fächer im engeren Sinne. Im Wesentlichen umfassen die Methoden des Faches Techniken der archäologischen Feldforschung (Prospektion, Ausgrabung), die Analyse und Auswertung von Funden und Befunden (Klassifikation, relative und absolute Altersbestimmung, räumliche Verbreitung, Material- und Herkunftsbestimmung, Analysen von Funktionen und Technologie), archäoökologische Methoden in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Bio- und Geowissenschaften sowie kulturwissenschaftliche Methoden der Interpretation und Rekonstruktion kulturgeschichtlicher Verhältnisse und Prozesse (Experiment, historische/ethnologische Analogie, Modellbildung und Verifikation).

Die Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie ist Teil der Archäologischen Wissenschaften, die sich primär nach zeitlichen und geographischen Kriterien in verschiedene Forschungsdisziplinen und Fachgebiete gliedern. Daneben bestehen Abgrenzungen zwischen den archäologischen Disziplinen je nach Fachrichtung aber auch durch mehr praxisorientierte (Ausgrabungstechnik), naturwissenschaftliche, kunstwissenschaftliche oder philologisch-historische Methoden. Einige archäologische Fachgebiete bilden ferner eigene Studienfächer, während andere in größere Fachrichtungen einbezogen sind.

Einen Überblick über die wichtigsten archäologischen Fächer und ihre Vertretung an deutschen Universitäten gibt die nachfolgende Tabelle.

Fachgebieteigenständiges Studienfach ?in Würzburg vertretenan anderen Universitäten

Vor- und Frühgeschichte /
Ur- und Frühgeschichte /
Prähistorische Archäologie
(VFG)

ja

ja

an 27 deutschen Universitäten

Klassische Archäologie
(KA)

ja

ja

an den meisten deutschen
Univeristäten

Provinzialrömische
Archäologie

ja

(teils im Rahmen der VFG / KA)

nein

Frankfurt/M., Freiburg, Köln,
München, Passau

Vorderasiatische
Archäologie

ja

(teils im Rahmen der Altorientalistik)

nein *)

Berlin, Frankfurt, Freiburg,

Heidelberg, Konstanz, Mainz,

München, Münster, Tübingen

Archäologie des Mittelalters
und der Neuzeit

nur in Bamberg,

sonst innerhalb VFG

nein

Berlin (Humboldt), Bamberg,

Tübingen (auch: Frankfurt,

Freiburg, Kiel, Münster)

Christliche Archäologie /
Byzantinische Archäologie

Byzantinistik /

byz. Kunstgeschichte

nein

u.a. Heidelberg, Mainz

Altamerikanische
Archäologie

nein,

Bestandteil der Altamerikanistik

nein

u.a. Berlin, Bonn
(archäologischer Schwerpunkt)

Archäologie Ägyptens

nein, Bestandteil der Ägyptologie

ja

(Ägyptologie)

Archäologie Chinas

nein,

Bestandteil der Sinologie

ja

(Sinologie)

Archäometrie (naturwiss.
Analyseverfahren arch.
Objekte)

nein

ja

Aufbaustudium
Archäometrie am Lehrstuhl
für Archäometallurgie der
TU Bergakademie Freiberg
(Sachsen)

 

*) Lehrveranstaltungen zur Vorderasiatischen Archäologie im Rahmen der Altorientalistik

Das Studium soll neben profunder Kenntnis des Fundstoffes Vertrautheit mit den Methoden der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie in Theorie und Praxis vermitteln und die Studierenden in die Lage versetzen, wissenschaftliche Fragestellungen zu entwickeln, Belange der Archäologie in der Verwaltungspraxis verantwortlich zu vertreten sowie Themen und Erkennntisse der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie einer interessierten Öffentlichkeit nahezubringen.

Der gegenständliche Charakter vor- und frühgeschichtlicher Quellen und die Notwendigkeit des visuellen Erfassens und Vergleichens verleihen Exkursionen zu Museen und Geländedenkmälern einen besonderen Stellenwert innerhalb des Studiums der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie. Ebenso erfordern die Berufsfelder die Vermittlung praktischer Fähigkeiten und Kenntnisse in Form von Gelände- (Ausgrabung, Prospektion) und Museumspraktika.

Im Rahmen des Master-Studiums Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie wird überblickhafte Kenntnisvermittlung durch exemplarisch vertiefende Lehrveranstaltungen ergänzt. Die geographische und zeitliche Breite des Faches macht darüberhinaus eine Abrundung und Vertiefung des Lehrstoffes durch intensives Eigenstudium notwendig. Die Fähigkeit zu selbstständigem und kritischem Arbeiten zu entwickeln, ist ein wesentlicher Inhalt des Studiums.

Die große Breite des Faches hat in der Praxis dazu geführt, daß an den Universitätsinstituten in der Forschung und meist auch in der Lehre Schwerpunkte chronologischer oder geographischer Art bestehen. Am Würzburger Lehrstuhl steht in der Lehre die jüngere europäische Vorgeschichte (ca. 7.-1. Jahrtausend v. Chr.) im Vordergrund.

In der Forschung liegt der Akzent vor allem auf siedlungsarchäologischen Fragestellungen, wobei ein Schwerpunkt in der Bronze- und Eisenzeit Mitteleuropas besteht.