Lehr-Lern-Projekte – Lernen im Transfer
Mehr oder weniger ‚regelmäßig’ werden Seminare mit Praxisbezug angeboten. Diese Seminare sind nicht turnusmäßig im Studienablauf verankert, sondern können spontan und in unterschiedlichen Modulen auftreten. Grund dafür sind die Zufälligkeiten des Zustandekommens solcher Praxisveranstaltungen: Institutionen treten an uns heran, um studentische Projekte für deren Themen oder eine Arbeit vor Ort zu begeistern. Andere Lehr-Lern-Projekte sind mit Forschungsprojekten des Instituts verbunden, abhängig von laufenden Forschungskampagnen. Für andere Themen werden gezielt Praxispartner:innen angefragt: Sollten sich Kooperationen ergeben, wird ein Lehr-Lern-Projekt konzipiert. In jedem Fall bedürfen solche Seminare einer längeren und komplexeren Vorbereitung: Der immense Aufwand lohnt sich, denn der Gewinn ist, dass mit Partner:innen der Berufspraxis, der Denkmalpflege, aus freien Restaurierungs- und Architekturbüros, Institutionen und anderen Forschungseinrichtungen nicht nur Einblicke in deren praktische Arbeit gegeben werden können, sondern unsere Mitarbeit an konkreten Praxisvorhaben auch für die Kooperationspartner:innen oft ein Gewinn ist: Nicht selten gehen aus der gemeinsamen Seminararbeit – neue Erkenntnisse und bestmögliche Qualität vorausgesetzt – Präsentationen oder Publikationen unterschiedlichen Formats hervor.
Das Lehr-Lern-Projekt zur Polimentvergoldung entstand aus einer studentischen Eigeninitiative im Anschluss an ein Blockseminar von Prof. Dr. Bürger. Das Seminar mit dem Thema „Köln im Mittelalter – Bau- und Kunstwerke als materielle und immaterielle Gegenstände der Denkmalpflege“ fand im Oktober 2023 in Form einer Exkursion nach Köln statt.
Wir untersuchten die mittelalterlichen Reliquienschreine im Museum Schnütgen und bewunderten im Wallraf-Richartz-Museum die mittelalterlichen Maltechniken in Werken von Stephan Lochner, Albrecht Dürer, dem Meister des Bartholomäus-Altares und weiteren alten Meistern. Nach einem einführenden und detaillierten Vortrag von unserer Kommilitonin Frau Gruber zum Thema Maltechniken sowie interessierten Nachfragen und weiteren ausführlichen Erläuterungen des studierten Restaurators Prof. Bürger entstand allseitiges Interesse und Neugierde an der anspruchsvollen und aufwendigen Vergoldungstechnik. Nach der Exkursion reifte die Idee, eine Polimentvergoldung durchzuführen, um diese als Leistungsnachweis einzubringen.
Wir hatten das Glück, die Restauratorin der Schloss- und Gartenverwaltung Würzburg, Sabine Vogt, für unser Projekt zu gewinnen. Sie bereitete die Materialien für uns vor und führte mit uns einen dreiteiligen Workshop zur umfangreichen Polimentvergoldung durch. Neben Frau Vogt sind wir auch den Mediathek-Beauftragten und Institutsfotografen, Herrn Mischke, und seinem Auszubildenden, Herrn Bücken, zu Dank verpflichtet. Ohne sie hätten wir den gesamten Workshop nicht so professionell in Bild und Film festhalten können.
Nach überwundenen organisatorischen Hürden konnten am 15. Dezember 2023 erstmals die Holzleisten bearbeitet werden. Über die Feiertage hinweg hatten alle Studierenden die zeitaufwendigen Arbeitsschritte der Grundierung und des Abschleifens vorbereitet, sodass am 12. und 13. Januar das Poliment aufgetragen und das Gold angeschossen werden konnte.
Durch das schrittweise Abkleben aufeinanderfolgender Abschnitte auf der Leiste wurden die Arbeitsschritte stufenweise angelegt, was sich im Endprodukt sowohl optisch als auch haptisch bemerkbar macht.
- Auf die unbehandelte Buchenholzleiste wird eine dünne Schicht Hasenleim aufgetragen,
um die Haftung zu verbessern und ein Aufsaugen der folgenden Schichten zu vermeiden. - Eine Kreidegrundierung (eine Mischung aus Wasser, Kreide und Leim) wird langsam
erwärmt und mit Pinseln in dünne Schichten aufgetragen. Nach dem Abkühlen und
Trocknen der Grundierung werden mindestens elf weitere Schichten aufgetragen. - Anschließend werden die zahlreichen Schichten fein geschliffen, um die Vertiefungen
der Leiste wieder herauszuarbeiten und einen elastischen sowie polierfähigen
Untergrund zu erzielen. - Um eine sehr glatte Oberfläche zu erzeugen, wird anschließend mit einem feuchten
Lappen poliert und erneut eine Schicht Leimlösung aufgetragen, um die Saugwirkung
des Untergrunds zu verringern. - Über die Löscheschicht wird eine dünne Schicht gelbes Poliment aufgetragen.
- In den Bereichen, die für das Polieren des Blattgoldes vorgesehen sind, wird rotes
Poliment aufgetragen. Anschließend wird die getrocknete Polimentschicht mit einem
trockenen Lappen glatt gerieben. - Ein Blättchen Blattgold wird vom Heftchen genommen und auf einem Vergolderkissen
platziert. Mit einem Vergoldermesser werden die benötigten Stücke zugeschnitten. - Das Poliment wird an der gewünschten Stelle mit einer Netze (Alkohol-Wasser-Gemisch)
befeuchtet. - Um das Blattgold vom Kissen aufzunehmen, werden die Eichhörnchenfell-Haare des
Anschießers elektrostatisch aufgeladen, indem sie kurz an der Wange der Vergolderin
gestreift werden. Das Blattgold wird dann in einer kurzen Handbewegung auf das
feuchte Poliment aufgelegt. - Der Vorgang des Pflasterns wird wiederholt, bis der gesamte gewünschte Bereich mit
Blattgold versehen ist. Bevor mit dem Polieren begonnen werden kann, muss die
Neztflüssigkeit komplett verdunstet sein. - Mit einem Achatstein werden nun die äußeren Bereiche durch gleichmäßige Bewegung
und Druckpolitur bearbeitet. Der mittlere Bereich, der mattvergoldet ist, wird erneut mit
der Alkohol-Wasser-Netzlösung behandelt und abschließend auch mit einer dünnen
Leimlösung überzogen.
Als angehende Kunsthistoriker:innen setzen wir uns intensiv mit den Schönheiten der
Geschichte auseinander, analysieren und bewerten sie anhand unserer erlernten Kriterien.
Mit der Zeit neigen wir dazu, Kleinigkeiten zu kritisieren, während wir stets nur das
Endresultat betrachten. Wir erkennen, dass für die Kunst die geistige Idee und der
dahinterliegende Entwurf entscheidend sind. Eine Idee ist jedoch nichts ohne eine
technisch hervorragende handwerkliche Umsetzung, wie wir selbst anhand einer
Polimentvergoldung erfahren durften.
Der Aufwand und die Präzision, mit denen die Materialien und Werkzeuge dosiert wurden
und die Holzleisten vorbereitet und angefertigt werden mussten, haben uns alle überrascht.
Obwohl unsere kurzen, handlichen und zugänglichen Buchenholzleisten, die wir vergoldet
haben, deutlich idealer waren als die eigentlichen Aufträge, denen sich Frau Vogt und ihre
Kolleg:innen widmen.
Diese Erfahrung schärft unser Bewusstsein für die dahinter liegende Arbeit und die
Entwicklung dieser Kunstform. Unsere Perspektive auf Kunst erweitert sich nun, um nicht
nur das Motiv des Kunstwerks zu betrachten, sondern auch die vergoldeten Nimben,
Hintergründe, Rahmen, oder die Ornamentik im Raum und so weiter, selbst als
künstlerische Schöpfungen zu würdigen.
In unseren Abschlussberichten zieht sich die Wertschätzung für die Polimentvergoldung wie
ein roter Faden durch. Unabhängig davon, ob die Seminarteilnehmer:innen eine Karriere in
der Wissenschaft, im Museum, im Kunsthandel oder in der Denkmalpflege anstreben,
haben wir alle gelernt, den Wert polimentvergoldeter Kunstwerke zu schätzen.
Abschließend möchten wir uns ganz herzlich bei unserem flexiblen und inspirierenden
Professor, bei der kompetenten, lehrreichen und geduldigen Frau Vogt sowie bei den
professionellen und versierten Institutsfotografen, Herrn Mischke, und seinem
Auszubildenden, Herrn Bücken, bedanken.
Baukunst zwischen Bauernkrieg und Echterzeit in Unterfranken – Ein baukultureller Überblick von 1525 bis 1575
zur Unterstützung laufender Forschungsprojekte und für Wissenstransfer
- MA-Seminar Wintersem. 2022/23 „Die Baukunst in Unterfranken zwischen Bauernkrieg und Julius Echter“
- 2023: Quellenforschungen durch stud./wiss. Mitarbeiter Jost-Peter Liebig B.A.
- geplant: MA-Seminar Wintersem. 2024/25 „„Bauernkrieg und Bauen nach dem Krieg in Unterfranken“
in Kooperation mit:
- der Stadt Würzburg
- weiteren Instituten der JMU Würzburg
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wird die Architektur in Unterfranken zwischen der Zeit des Bauernkrieges und der Regierungszeit des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn in den Blick genommen. Die Bauten dieser Zeit nach 1525/30, deren baukulturelle Rahmenbedingungen, Entstehungsumstände, Motivationen und Wirkungsabsichten, wurden bisher kaum beachtet oder erforscht. Damit soll die Untersuchung unmittelbar an den Überblick anschließen, der bereits publiziert vorliegt:
Stefan Bürger: Spätgotische Baukunst in Unterfranken – Ein baukultureller Überblick von 1370 bis 1530, Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, hrsg. von Wolfgang Weiß, Sonderveröffentlichung, 2 Bde., Echter Verlag, Würzburg 2022.
Ein Seminar aus dem Wintersemester 2022/23 von Dr. Johannes Sander widmete sich bereits diesem Themenfeld und bildet die Ausgangslage für die Recherchen.
Am Anfang steht zunächst die Sondierung der Quellenlage. Von Interesse sind dabei insbesondere Bestallungen Werkmeistern und Werkleuten, von Steinmetzen, Maurern und Zimmerleuten. Diesbezüglich werden die Standbücher des fürstbischöflichen Hofes aber auch die Protokolle des Domkapitels im Bayerischen Staatsarchiv Würzburg gesichtet. Die hierbei zusammengetragenen Ergebnisse werden in einem zweiten Schritt vertieft. Die identifizierten Baumeister, Handwerker und Bauten sollen mit Blick auf die Vernetzung des Bauhüttenwesens und der regionalen Entwicklungen nach den Unruhen des Bauernkrieges eingeordnet werden. Von besonderem Interesse sind dabei sich wandelnde Hoheitsverhältnisse, Zuständigkeiten hinsichtlich der Gerichtsbarkeit im Handwerk und sich verändernde Frömmigkeits- und Finanzierungspraxen.
Geplant ist, gemeinsam mit Studierenden im Rahmen eines zukünftigen fächerübergreifenden Lehr-Lern-Projektes, verschiedene Aspekte und Architekturen zu untersuchen. Eine Präsentation der gewonnen Erkenntnisse sollen voraussichtlich in einer Posterausstellung im Kontext des „Bauernkriegsjubiläum“ 2025 in Kooperation mit der Stadt Würzburg präsentiert werden.
zur Jubiläumsausstellung „Julius Echter. Patron der Künste – Konturen eines Fürsten und Bischofs der Renaissance.“
- mit Martin von Wagner Museum
- Projektarbeit
- MA-Seminar Sommersem. 2015 „Architektur um 1600 – Stilfragen zur Echtergotik“
- Beiträge zum Ausstellungskatalog
- Tagung/Tagungsband „Echters Werte“
in Vorbereitung für Drittmittelprojektantrag
- in Zusammenarbeit mit HTW Dresden, Prof. Dr. Markus Wacker, Computergrafik
- MA-Seminar Wintersem. 2015/16 „Raum- und Perspektivdarstellungen in der italienischen Malerei“
in Vorbereitung für Drittmittelprojektantrag, interdisziplinäres Forschungsvorhaben
in Zusammenarbeit mit:
- Deutscher Sprachwissenschaft, Uni Würzburg Prof. Dr. Matthias Schulz
- Psychologie, Uni Würzburg Prof. Dr. Lynn Huestegge
- Soziologie, Uni Würzburg
- MA-Seminare Wintersem. 2015/16 „Zur „Identität Würzburger Architektur“
in Vorbereitung für Dokumentation und Überblicks-Darstellung
- MA-Seminar Wintersem. 2015/16 „Spätgotische Baukunst in (Unter-)Franken I“
- MA-Seminar Wintersem. 2016/17 „Spätgotische Baukunst in (Unter-)Franken II“
- mit Unterstützung der Kirchengeschichte, Uni Würzburg
- Publikation: „Spätgotische Baukunst in Unterfranken – ein Überblick zur Baukultur 1370 bis 1530“, 2 Bde., Echter Verlag 202
zur Unterstützung laufender Forschungsprojekte
- MA-Seminar Sommersem. 2019 „Die Bauhütten“ in Kooperation mit:
- Tagungs-/Forschungsprojekt: „Der Annaberger Hüttenstreit und andere Streitfälle im Bauwesen des 15. und 16. Jahrhunderts“
- Fritz Thyssen Projekt: „Der Simrock-Boisserée-Nachlass - Quellen und Forschungen zu den Handwerksverbänden (1350–1563)
- Goethe- und Schiller-Archiv Weimar
- DFG-Netzwerk „Nordalpine Baukultur des Spätmittelalters
Publikation: „Werkmeister im Konflikt“, 2019
in Begleitung laufender Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen
MA-Seminar Wintersem. 2019/20 „Einführung in die Bauforschung: St. Stephani in Aschersleben“
in Zusammenarbeit mit:
- Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt
- Stadt Aschersleben/Bauamt
- Restaurierungsbüro Frank Högg
- Kirchgemeinde St. Stephani
- Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Dom Halberst.
- Publikation in Vorbereitung für 2022
MA-Seminar Wintersem. 2020/21 „Architektur und Farbfassung: Zum (Miss-)Verständnis der Baukunst des Historismus“
in Zusammenarbeit mit:
- Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
- Untere Denkmalschutzbehörde Dresden
- Stadtplanungsamt Dresden
- BMBF-Projekt HistStadt4D, Medienzentrum TU Dresden, Uni Würzburg, Photogrammetrie Dresden, u.a.
- Div. Architekturbüros
- KeimFarben GmbH, Bautenschutz und Farbstudio
- Stadtmuseum Dresden
MA-Seminar Sommersem. 2021 „Raumsoziologisch(es) Sehen – (populär-)wissenschaftliches Schreiben am Beispiel der Kaufmannskirche in Erfurt“
Texte zur Vermittlung von Architektur und Ausstattung für die neue Präsentation in der Kirche
in Zusammenarbeit mit:
- Kaufmänner-Gesellschaft e.V. Erfurt
- Kaufmannsgemeinde Erfurt