Mantras gegen böse Mächte
06/20/2023Für den frühen Buddhismus in Indien interessiert sich Juniorprofessorin Kathrin Holz. Die Indologin untersucht unter anderem Schriften, die böse Einflüsse abwehren sollten.
Wenn Buddhisten in früheren Jahrhunderten auf Reisen gingen, dürften viele von ihnen schutzverheißende Schriften im Gepäck gehabt haben. Die Texte waren auf Birkenrinde oder Palmblätter geschrieben, in Amuletten sicher aufbewahrt und beinhalteten meist auch Mantras, also Abfolgen von Silben oder magischen Formeln. Diese Schriften zu rezitieren, versprach den Reisenden Schutz vor Krankheiten, Schlangenbissen und anderem Unheil.
„Solche Schutzschriften gibt es gegen praktisch alle Katastrophen, die man sich denken kann“, sagt Kathrin Holz, Juniorprofessorin für Indologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Sie erforscht diese Art von Schriften aus der Zeit des frühen indischen Buddhismus, von der Zeitenwende bis zum zehnten Jahrhundert nach Christus.
Die Forschungslage zu den in Amuletten mitgeführten Texten aus dem nordindischen Gebiet sei bislang lückenhaft, die Zahl und Herkunft der bekannten Schriften „unübersichtlich“.
Die Texte, für die Kathrin Holz sich interessiert, sind in buddhistischem Sanskrit geschrieben. Sie befinden sich in Archiven auf der ganzen Welt, sind aber glücklicherweise oft digital gut erschlossen. Anhand des Archivmaterials untersucht die Würzburger Indologin den Zusammenhang von Text, Form und Funktion der schrifttragenden Amulette: „Am Ende gibt uns das hoffentlich Aufschluss über die alltäglichen rituellen Praktiken im frühen Buddhismus.“
Altindische Schreibschriften und ihre Entwicklung
Die JMU-Professorin erforscht außerdem die historische Entwicklung altindischer Schreibschriften, angefangen mit der Brahmi-Schrift, die ihren Ursprung im dritten Jahrhundert vor Christus hat, bis zu den Schriften des elften Jahrhunderts. Danach kam die moderne Devanagari-Schrift auf, die bis heute in Nordindien verwendet wird.
Kathrin Holz hat dabei besonders Inschriften im Blick, die auf Grenzsteinen, Buddhastatuen, Kupferplatten oder anderen Gegenständen zu finden sind. Dabei konzentriert sie sich auf die Entwicklung der Proto-Sarada-Schrift, die vom sechsten bis zum zehnten Jahrhundert in ganz Nordwestindien in Gebrauch war. „Diese Schrift gilt in der Indologie als Kulturmarker einer Region und einer Epoche, deren Geschichte noch weitgehend unerschlossen ist.“
Die Forscherin will die Proto-Sarada-Inschriften nach und nach in einer Datenbank sammeln, die sie neu aufbaut. Mit deren Hilfe soll dann unter anderem untersucht werden, welche Schreiber und Schreibschulen es gab und welche Varianten dieser Schrift zum Einsatz kamen. Auch bei diesem Projekt kann sie sich auf Archivmaterial stützen, hier aber mit deutlichen Einschränkungen: „Viele Inschriften wurden schon im 19. Jahrhundert publiziert – oft mit sehr schlechten Bildern, oft mit Übersetzungsfehlern.“
Exkursionen nach Indien und andere Lehrangebote
Datenbanken sind ein Thema, das Kathrin Holz auch den Studierenden nahebringen will. Stichwort: Informationskompetenz und digitale Kompetenz. Es gibt viele indologische Online-Wörterbücher und Datenbanken zur Handschriftenkunde. Auf diesem Feld will die Professorin den Studierenden Orientierung verschaffen und ihnen zeigen, wie sich mit dem Material richtig arbeiten lässt.
Im Bachelorstudiengang bietet sie die Vorlesung „Indischer Buddhismus. Geschichte, Literatur, Kunst“ an; dazukommen Seminare zu ihren Spezialgebieten. Exkursionen in Museen, Archive und natürlich auch nach Indien stehen ebenfalls auf ihrem Lehrprogramm.
Indien-Kompetenzzentrum in Planung
An der JMU hat Kathrin Holz gemeinsam mit dem Team des Indologie-Lehrstuhls die Gründung eines Indien-Kompetenzzentrums initiiert. In dem Zentrum sollen alle Indien-Aktivitäten an der Uni gebündelt werden. Es ist als Anlaufstelle für alle gedacht, die einen Aufenthalt in Indien planen oder die aus Indien an die JMU kommen.
Worüber sich die Juniorprofessorin freut: „Das Interesse anderer Fachbereiche, sich in das Zentrum einzubringen, ist sehr groß!“ Angefangen von der Anglistik über die Biologie bis hin zur Politikwissenschaft und weiteren Fächern – an der Uni gibt es viele Bereiche, die Berührungspunkte mit Indien oder fest etablierte Kooperationen mit indischen Universitäten haben.
Werdegang der Indologin
Kathrin Holz, Jahrgang 1988, kommt aus Würzburg und hat ab 2008 Indologie und Südasienkunde an der JMU studiert. Nach dem Masterabschluss ging sie zur Promotion an die Universität Lausanne in der Schweiz, dort an den Lehrstuhl für südasiatische Sprachen und Zivilisationen.
In Lausanne forschte und lehrte sie auch als Postdoc; mit einem Mobilitätsstipendium hielt sie sich außerdem ein Jahr am Centre for Buddhist Studies der Universität Kathmandu in Nepal auf. Zum September 2022 folgte sie dem Ruf auf die Juniorprofessur für Indologie an der Universität Würzburg.
Kontakt
Prof. Dr. Kathrin Holz, Lehrstuhl für Indologie, Universität Würzburg, T +49 931 31-86491, kathrin.holz@uni-wuerzburg.de