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Philosophische Fakultät

Gevatter Tod spielt wieder in der Loge auf

06/20/2023

Ein weiteres Gemälde aus dem Martin von Wagner Museum wurde seinen rechtmäßigen Besitzern restituiert – ein Ergebnis systematischer Provenienzforschung an der Universität Würzburg.

Joachim Spatz, Andreas Götz und Jan Röhrle von der Freimaurerloge „Zu den zwei Säulen an der festen Burg“ bei der Rückgabe des Gemäldes im Logenhaus. Mit im Bild: Restauratorin Ingeborg Klinger (1. v. l.) und Damian Dombrowski (3. v. l.), Direktor der Neueren Abteilung des Martin von Wagner Museums.
Joachim Spatz, Andreas Götz und Jan Röhrle von der Freimaurerloge „Zu den zwei Säulen an der festen Burg“ bei der Rückgabe des Gemäldes im Logenhaus. Mit im Bild: Restauratorin Ingeborg Klinger (1. v. l.) und Damian Dombrowski (3. v. l.), Direktor der Neueren Abteilung des Martin von Wagner Museums. (Image: Andreas Götz)

Der Wert eines Kunstwerks ist schwer zu messen. Er hängt jedenfalls nicht allein von der Zuschreibung an einen großen Künstlernamen ab; auch ein Objekt, das vielleicht kein Meisterwerk ist, kann für seine Besitzer aufgrund seiner Schicksale sehr wertvoll werden.

Zu dieser Kategorie von Werken, die durch ihre Geschichte Bedeutung haben, gehört ein anonymes, nicht besonders großes Bild, das jahrzehntelang im Depot der Gemäldegalerie des Martin von Wagner Museums schlummerte. Überstrahlt von den Spitzenwerken der europäischen Malerei, erfuhr es dort weitaus weniger Aufmerksamkeit als bei seinen neuen Besitzern. Die genau genommen die alten Eigentümer sind.

Ein angebliches „Geschenk“ der Freimaurer

In dem Gemälde „Geizhals und Tod“, um 1700 von einem deutschen Meister in Öl auf Kupfer gemalt, besucht ein fiedelndes Skelett einen reichen Alten, der erschrocken von seinen Münzen und Schuldbüchern aufblickt. Das Bild hing im Logenhaus der Würzburger Freimaurer, das sich damals wie heute in der Valentin-Becker-Straße befand – bis 1933, als es ins Martin von Wagner Museum gelangte.

Eine Plakette am Rahmen behauptet, es habe sich um ein „Geschenk“ an das Museum gehandelt. Im Rahmen der systematischen Provenienzforschung, die unter Leitung von Professor Guido Fackler (Professur für Museologie) in den letzten Jahren die Bestände der Gemäldegalerie des Würzburger Universitätsmuseums durchforstet hat, musste der chronologische Zusammenhang von nationalsozialistischer Machtübernahme und angeblicher Schenkung Verdacht wecken.

Verfolgung durch das Nazi-Regime

Zu Recht, wie sich herausstellte: Dem Eingangsbuch des Martin von Wagner Museums ist zu entnehmen, dass das barocke Gemälde im Frühjahr/Sommer 1933 „als Geschenk für 200 Reichsmark“ (so die widersprüchliche Formulierung) von der Loge „Zu den zwei Säulen am Stein“ übernommen wurde. Ohne die Verfolgung durch das frisch installierte Nazi-Regime hätte die Loge – sie war im April 1933 verboten worden – das Bild aber gar nicht verkaufen müssen.

Vielmehr geschah dieser Besitzerwechsel unter dem Druck von fortgesetzten Einschüchterungen und beginnenden Plünderungen des Logenhaus. Die baldige Enteignung zeichnete sich ab. Im August 1933 musste die Loge ihr Haus mitsamt der Einrichtung an die Stadt Würzburg übertragen – das Wort „schenkungsweise“ im Vertrag wirkt wie ein zynischer Kommentar. Zu diesem Zeitpunkt war „Tod und Geizhals“ bereits in den Besitz des Martin von Wagner Museums übergegangen und damit der zwangsweisen Zerstreuung des Logenbesitzes entkommen.

Restitution nach Anstoß von außen

1947 wurde die neue Loge „Zu den zwei Säulen an der festen Burg“ gegründet, als Vereinigung der beiden von den Nazis verbotenen Würzburger Logen. Als Rechtsnachfolgerin wurde ihr das Gemälde nun restituiert: „Ein überfälliger Schritt“, sagt Professor Damian Dombrowski, der als Direktor der Neueren Abteilung die Gemäldegalerie leitet, „zu dem es, ehrlicherweise, ohne den Anstoß von außen nicht gekommen wäre.“

Dieser Anstoß war das Projekt, das zwischen 2019 und 2022 vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste finanziert wurde. Die Hauptrecherche leistete in diesem Fall Inga Benedix, die inzwischen beim Münchner Lenbachhaus Provenienzforschung betreibt. Schon früher hatte dasselbe Projekt zu einer Restitution geführt: 2021 war ein Renaissance-Altärchen an die Nachfahren der jüdischen Familie Seligsberger zurückgegeben worden; als Leihgabe konnte es im Museum verbleiben, versehen mit einem Text, der seine Herkunft klärt.

Freude bei den Logenbrüdern

Die undankbare Aufgabe, die erzwungene Übergabe an die Stadt seitens der Loge zu besiegeln, fiel dem damaligen Stuhlmeister Otto Stein zu. Von ihm ist ein von Josef Versl angefertigtes Porträt im Martin von Wagner Museum ausgestellt. „Wir trauern nicht um den Verlust des kleinen Barockgemäldes, sondern freuen uns vielmehr, dass Otto Stein durch die Rückgabe an ‚seine‘ Loge Genugtuung erwiesen wurde“, kommentiert Dombrowski den Vorgang: „Die Tatsache, dass beide Bilder sich so lange in nächster Nähe zueinander befanden, war fast tragisch zu nennen.“

Die Tragik ist bei den Logenbrüdern jedenfalls der Freude gewichen. Nach Unterzeichnung des Rückübertragungsvertrags mit der Universität Würzburg haben der amtierende Meister vom Stuhl Andreas Götz und der Vorsitzende des Logenhausvereins Jan Röhrle das Bild jetzt in Empfang genommen. Auch der „Redner der Loge“, Stadtrat Joachim Spatz, kam zur Übergabe. Leider ist der ursprüngliche Hängungsort nicht mehr bekannt, doch – wie alle drei Logenbrüder versicherten – aufgehängt wird es auf jeden Fall. An seinem alten und neuen Ort hat eben auch dieses kleine Gemälde einen großen Wert.

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