Mythos & Krisenbewältigung im Alten Ägypten
Die Mobilisierung mythischer Traditionen im Kontext herrschaftlicher, kultischer und lebensweltlicher Bewältigungsstrategien am Beispiel des Horusmythos
Mit dem Heisenberg-Programm fördert die DFG Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die bereits alle Voraussetzungen erfüllen, um auf eine unbefristete Professur berufen zu werden. Während die Heisenbergianerinnen und Heisenbergianer sich auf eine spätere wissenschaftliche Leitungsfunktion vorbereiten, finanziert die DFG an einem Ort ihrer Wahl die Fortsetzung ihrer hochkarätigen Projekte, um ihre wissenschaftliche Reputation weiter steigern können. In dieses renommierte Programm ist nun Privatdozent Dr. Andreas Pries aufgenommen werden, um von Tübingen, wo er sich 2021 habilitierte, nach Würzburg zu wechseln und auf einer Heisenberg-Stelle für zunächst drei Jahre sich mit „Mythos und Krisenbewältigung im Alten Ägypten“ zu beschäftigen.
Im antiken Niltal waren die Lebensbereiche Politik, Religion und Gesellschaft von mythischen Vorstellungen durchdrungen. Mythen machten einen wesentlichen Teil des Rahmens aus, innerhalb dessen sich menschliches Handeln und Erleben vollzog. Sie waren einerseits gebunden an bestimmte Funktionen, andererseits offen für andere Traditionen, und zeichneten sich in der bezeugten Form nicht selten durch die Konfluenz unterschiedlicher mythischer Stoffe aus. Bestimmte Mytheme oder mythische Episoden konnten dem ursprünglichen Mythos entfernt werden und eingebettet in neue Kontexte eine eigenständige Bedeutungsfülle entwickeln. Diesen dynamischen Prozess sucht das Gesamtvorhaben anhand von drei ebenso umfänglichen wie repräsentativen Fallstudien greifbar zu machen:
- Teilprojekt 1:
Herrschaft – Das Konzept „Pharao“ zwischen Legitimationsdruck nach Innen und äußerer Bedrohung am Beispiel des tanitischen Schutz- und Feindvernichtungsrituals für Pharao und Horus von Mesen: Edition, Übersetzung und inhaltliche Erschließung der karbonisierten Handschrift Bodl. MS. Egypt. a. 34 (P)
- Teilprojekt 2: Kult – Die Ubiquität des Horusmythos, sein Ausgreifen auf die Kulte anderer Gottheiten und die theologische Einbindung neuer Themen am Beispiel von Dekoration und Kultfunktion der hinteren, dem Gotte Chons geweihten Kultkapellen des Großen Horustempels von Edfu: Neuedition und Gesamtbearbeitung der Räume J und K (sog. „chapelles lunaires“)
- Teilprojekt 3:
Lebenswelt – Die Sorge um das Kind im alten Ägypten und ihre mythologische Ausdeutung am Beispiel der Anwendung magischer Beschwörungen gegen den Bösen Blick und verwandte Bedrohungen zwischen Hochtheologie und allgemeinem Brauchtum
Die Teilprojekte 1 und 2 umfassen umfangreiche Editionsarbeiten. Es geht darin vorderhand um die Aufnahme, Erschließung und Publikation zweier der Forschung bis dato noch weithin unbekannter (Bodl. MS. Egypt. a. 34 [P]) oder zumindest nicht erschlossener Quellen (Räume J und K in Edfu). Es bestehen entsprechende Kooperationen mit der Bodleian Library in Oxford und dem Horus-Behedety-Projekt in Würzburg. Teilprojekt 3 ist demgegenüber darauf angelegt, Wirken und Bedeutung des Bösen Blickes und verwandter Bedrohungen innerhalb der altägyptischen Lebenswelt herauszuarbeiten.
Weitere Informationen finden Sie auch in dem Artikel "Von ägyptischen Mythen und Ritualen", der im Online-Magazin der Universität erschienen ist.