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Lehrstuhl für klassische Archäologie

Augustus Bevilacqua

 

 

 

Aufbewahrungsort: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Klassische Archäologie, Zimmer 1.1

Herkunft: Leihgabe des Martin von Wagners Museums (seit 2022)
Maße: H gesamt ca. 55 cm, H Gesicht mit Kranz ca. 28 cm

 

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Bei der Leihgabe aus dem Martin von Wagner Museum handelt es sich um einen Abguss des sog. Augustus Bevilacqua (Arachne-ID 1072476) in der Münchener Glyptothek. Weitere Reproduktionen befinden sich z. B. im Münchener Museum für Abgüsse (Arachne-ID 7238793), in Saarbrücken (Arachne-ID 1219608) und in Bonn (Arachne-ID 1218265). Im Rufnamen dieser vermutlich in Rom gefundenen Büste klingt noch seine Herkunft aus dem Palazzo Bevilacqua in Verona an, in dessen Inventar sie bereits 1589 als „Augusto“ verzeichnet wurde. Unter Napoleon kam sie 1797 nach Paris, wo sie 1815 vom Kronprinzen Ludwig I. persönlich für die Glyptothek erworben wurde (Furtwängler 1910).

Das Original besteht aus feinkörnigem, vermutlich parischem Marmor. Dessen polierte Oberfläche ebenso wie die durch eine moderne Säurereinigung entstandenen Verfärbungen vermag der matt-weiße Abguss nicht wiederzugeben. Das Porträt ist hervorragend erhalten, bis auf wenige weitere Details wurden nur die Nasenspitze und der untere Teil des Bruststücks rekonstruiert. Diese Ergänzungen sind im Abguss durch leichte Ritzungen kenntlich gemacht. Stärker beschädigt ist der Kranz des Kaisers, an dem einige Blattspitzen abgebrochen sind.

Der Kopf des Princeps ist nach rechts gewandt und trägt einen dichten Eichenkranz mit stark hinterarbeiteten Blättern und mehreren Eicheln. Die Locken über der Mitte der Stirn sind nach rechts gestrichen und bilden links ein Gabelmotiv. Mit weiteren Locken formen sie über dem rechten Auge eine Zange. Das Gesicht ist nahezu ausdruckslos, aber von bewegter Plastizität: Die Augen setzen sich durch leicht geschwungene Augenbrauen von der steilen Stirn, die eine waagerechte Falte zeigt, durch das Unterlid hingegen von den hageren Wangen ab. Die leicht zusammengezogenen Augenbrauen deuten zwei Steilfalten oberhalb der Nasenwurzel an. Einen lebendigen Eindruck verleihen vor allem das subtil bewegte Inkarnat neben Nase und Mund, die fein angedeuteten Schläfenadern und die Ringfalten am Hals, die etwas tiefer als bei anderen Augustusbildnissen eingegraben sind. Der sensiblen Modellierung des Inkarnats steht die Begradigung einiger Partien im Gesicht entgegen, wie etwa am Nasenrücken, an dem die typische Verdickung in der Mitte und der Einzug über der Nasenspitze weniger prominent erscheinen. Der Bildhauer scheint sich um eine unmittelbare und lebendige Darstellung des Princeps bemüht zu haben. Der Eichenkranz, den Augustus trägt, wird als corona civica bezeichnet. Wie für seine Wiedergabe in der Rundplastik typisch, ist er hier stark vegetabil gearbeitet und hinten mit einer Tänie versehen, die zu einem Heraklesknoten gebunden ist und deren Enden über die Schultern des Kaisers nach vorne fallen. Eine Lücke direkt über dem typischen Gabel-Zangen-Motiv könnte für ein herausgebrochenes Mittelmedallion sprechen, wie es von anderen Darstellungen bekannt ist (Bergmann 2010, 159–161).

Aufgrund des Lockenschemas des Kaisers kann die Büste dem sog. Typus Primaporta zugewiesen werden, der klassizistische Züge aufweist. Er ist in zahlreichen plastischen Bildnissen – wie der namensgebenden Panzerstatue (Musei Vaticani Inv. 2290, Arachne-ID 1079332) – sowie in Münzbildern überliefert. Unsere Büste wird meist in spätaugusteische Zeit datiert (Vierneisel – Zanker 1979; Simon 1986; Ohly 2001; Knauß 2017), z. T. sogar als posthumes Bildnis angesehen (Wünsche 1995). Sie geht aber auf ein Vorbild zurück, das wohl um 27. v. Chr. entworfen wurde, als der Senat dem Octavian als Retter der römischen Bürgerschaft und des Vaterlandes die corona civica und den Titel Augustus (der „Erhabene“) als Ehrenzeichen verliehen hatte. Die ‚Bürgerkrone‘ gewann in augusteischer Zeit an Beliebtheit und wurde Teil der kaiserlichen Bildsprache, die den Herrscher als väterlichen Fürsorger darstellte. Der nackte Oberkörper kann hingegen als heroisierende Bildformel gedeutet werden. Die Nacktheit und die Assoziation der Eiche mit Iuppiter rücken den Kaiser laut Erika Simon gar in die Sphäre des Göttervaters (Simon 1984, 68).

[Clara Kocher]

Literatur:
B. Bergmann, Der Kranz des Kaisers. Genese und Bedeutung einer römischen Insignie, Image & Context 6 (Berlin 2010) 59–61. 283 Kat. 5.
D. Boschung, Die Bildnisse des Augustus, Das römische Herrscherbild 2 (Berlin 1993) 164 f. Kat. 133.
H. Brunn, Beschreibung der Glyptothek König Ludwigs I. zu München (München 1873) 233 f. Kat. 219.
A. Furtwängler, Beschreibung der Glyptothek König Ludwigs I. zu München 2(München 1910) 344 Kat. 317.
D. Hertel, Untersuchungen zu Stil und Chronologie des Kaiser- und Prinzenporträts von Augustus bis Claudius (Bonn 1982) 255 f. Kat. 97.
F. Knauß – C. Gliwitzky (Hrsg.), Charakterköpfe. Griechen und Römer im Porträt (München 2017) 143–149. 355 f. Kat. 36.
D. Ohly, Glyptothek München. Griechische und römische Skulpturen 9(München 2001) 81 f.
E. Simon, Augustus. Kunst und Leben in Rom um die Zeitwende (München 1986) 64 Kat. 78.
K. Vierneisel – P. Zanker (Hrsg.), Die Bildnisse des Augustus. Herrscherbild und Politik im kaiserlichen Rom (München 1979) 60 f. 93.
R. Wünsche, Glyptothek München (München 1995) 132.