The Hittite Annals: Origins, Purpose, and Afterlife
Die DFG Emmy Noether-Nachwuchsforschungsgruppe "Die hethitischen Annalen: Ursprung, Funktion und Rezeption" verfolgt das Ziel, die hethitischen Annalentexte in einem interdisziplinären Verbund von Hethitologen und Assyriologen als Gesamtkorpus neu zu edieren und zu analysieren. Das hethitische Königreich (ca. 1650–1190 v. Chr.), dessen Herrschaftsgebiet sich über Zentralanatolien und Nordsyrien erstreckte, war eine der überregionalen politischen Großmächte der Spätbronzezeit Altvorderasiens.
Die hethitischen Annalen gehören zu den frühesten historiographischen Texten des Alten Orients. Sie dokumentieren die politischen und militärischen Aktivitäten der hethitischen Könige in einem direkten Sprachstil und mit ausgedehnten und detaillierten Beschreibungen, die sie zu einer der am häufigsten behandelten altorientalischen historischen Quellen gemacht haben.
Die Frage nach den Ursprüngen der hethitischen Annalistik und ihrer möglichen Abhängigkeit von literarischen und historiographischen Vorläufern ist bislang unbeantwortet. Weitere dringende Desiderate sind die Untersuchung des „Sitz im Leben“ der Annalen, ihr im Vergleich zu anderen altorientalischen Könisginschriften ‚bescheidene‘ Stil in der Beschreibung der Taten des hethitischen Königs, die diachrone Entwicklung des Genres sowie die kommunikativen Funktion der Texte.
Schließlich ist der lange vermutete, aber nicht bewiesene Einfluss der hethitischen Annalistik auf die spätere assyrische Annalentradition noch umstritten. Ein sorgfältiger Vergleich der hethitischen und assyrischen Historiographie auf historischer und narratologischer Ebene wird neues Licht auf den kulturellen Austausch zwischen den beiden Königshöfen am Ende der Bronzezeit werfen.
Trotz der häufigen Verweise auf diese Textgruppe in der historischen Forschung sind die hethitischen Annalen nie in ihrer Gesamtheit oder nach einheitlichen Editionsstandards herausgegeben wurden. Die Forschungsgruppe „Hethitische Annalen“ mit einer geplanten Laufzeit von 2021 bis 2027 unter der Leitung von Dr. James Burgin und mit Unterstützung des Postdocs Dr. Johannes Bach und der Doktoranden Ege Dağbaşı und Henry Lewis wird sich der Aufgabe stellen, eine umfassende und kontextualisierte kritische Edition der hethitischen Annalen zu erstellen. Die Ergebnisse des Vorhabens werden als Druckwerke und als digitale online-Edition im Rahmen des Hethitologie-Portal Mainz vorgelegt werden.