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Philosophische Fakultät

Sanskrit: In Indien ist die alte Sprache lebendig

14.11.2023

Ein Maharadscha auf einem Elefanten, Reisklöße in einem Ahnenritual, ein 30 Tage dauerndes Spektakel: Ein Sanskrit-Kurs in Indien bescherte Würzburger Studierenden viele Eindrücke.

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Der Würzburger Indologie-Student Paul Bohnenkamp (links, stehend) in Varanasi bei einem Ritual. (Bild: Ignaz Hetzel / Universität Würzburg)

Indiens kulturelle Vielfalt, seine Religionen, Kunst und Geschichte: All das steht im Mittelpunkt des Indologie-Studiums an der Uni Würzburg. Dabei lernen die Studierenden selbstverständlich auch klassische und moderne indische Sprachen – unter anderem Sanskrit, eine sehr alte Sprache, deren Ursprünge viele Jahrhunderte vor Christi Geburt liegen.

Sanskrit? Das klingt erst einmal trocken. Verbringt man da seine Zeit nicht ausschließlich vor Büchern und in Archiven, fernab von jeglichem Alltagsbezug? Weit gefehlt. „Das religiöse Leben im modernen Indien ist von Sanskrit durchdrungen“, sagt Indologie-Student Paul Bohnenkamp. Bei religiösen Zeremonien zum Beispiel rezitieren hinduistische Priester Texte in Sanskrit, die Gläubigen sprechen es nach. Der alten Sprache kommt in Indien also eine ähnliche Rolle zu, wie Latein sie lange Zeit in der katholischen Kirche hatte.

Ahnenritual: Reisklöße als wichtige Requisiten

Wie hinduistische Rituale ablaufen, konnte Drittsemesterstudent Paul im Herbst 2023 vor Ort in Indien erleben: Zusammen mit anderen Studierenden absolvierte er in der Millionenstadt Varanasi den zweiwöchigen Kurs „Lived Sanskrit Cultures in Varanasi“, veranstaltet von den Indologien der Universitäten Würzburg und Heidelberg. Es war sein erster Aufenthalt in Indien. Kulturschock? Den habe er nicht erlebt, sagt der Student. Von dem Kurs war er nachhaltig beeindruckt: Er wollte mit der Teilnahme den theoretischen Teil seines Studiums „mit Farbe füllen“ – und dieser Plan ging voll auf.

Im Kurs erfuhren die Studierenden unter anderem von einem Ritual, bei dem kürzlich verstorbene Mitglieder einer Familie rituell in den Kreis der Ahnen aufgenommen werden. Reisklöße, die miteinander verknetet und im Beisein eines Priesters geopfert werden, spielen dabei eine Rolle – die Prozedur symbolisiert das Verschmelzen der Verstorbenen mit den Vorfahren.

Zufällig konnten die Studierenden genau dieses Ahnenritual kurz darauf live beobachten: am Ufer des Ganges, wo Tag für Tag zahllose Zeremonien der unterschiedlichsten Art abgehalten werden. Besser kann man die Theorie wohl nicht mit Farbe füllen. „Genau das zeichnet diesen Kurs aus“, sagt Doktorand Ignaz Hetzel, der schon mehrere Male teilgenommen hat: „Man lernt in der Theorie, kann aber vor Ort sehr viele religiöse Rituale entdecken und beobachten.“ Das liegt auch an der Stadt, in der der Sanskrit-Kurs stattfindet: Varanasi ist ein wichtiges Zentrum des hinduistischen Pilgerwesens.

Spoken Sanskrit: Wiederbelebung der alten Sprache

Im Kurs behandelten die Dozierenden vielfältige Themen. Sie hielten Vorträge über Pilgerrouten und den Wandel der Pilgertraditionen ebenso wie über die Rolle der Astronomie im hinduistischen Ritualkalender.

Eine Besonderheit: Die Teilnehmenden konnten sich in gesprochenem Sanskrit üben. „Es gibt Strömungen, diese alte Sprache wieder als Alltagssprache zu aktivieren“, erklärt der Würzburger Doktorand. Und so wurden unter anderem Begrüßungsfloskeln und Bezeichnungen für moderne Alltagsgegenstände gelehrt – ganz so, wie man auch Neulinge in Englisch, Italienisch oder einer anderen modernen Sprache unterrichten würde.

Spektakel: das Schauspiel Ramayana dauert 30 Tage

Was die Studierenden ebenfalls sehr beeindruckt hat: Sie erlebten in Varanasi ein Schauspiel mit, bei dem die wichtigsten Episoden des Ramayana nachgespielt und rezitiert werden. Dabei geht es um das Leben des Prinzen Rama. 30 Tage dauert das Spektakel, gespielt wird täglich von mittags bis abends an verschiedenen Orten im Freien. Und jeden Abend geht das Schauspiel in eine Art Volksfest über.

Die Aufführung des Ramayana bescherte den Studierenden viele Eindrücke. „Wir wurden dort von einem indischen Journalisten interviewt und waren dann in der Zeitung“, erzählt Paul. Außerdem war bei dem Schauspiel als Schirmherr der Maharadscha von Varanasi zu Gast, der auf einem Elefanten ritt. Zur Kulisse des Ramayana gehören zahlreiche große Götterfiguren, deren Herkunft die Studierenden erkundeten: Sie besuchten Werkstätten, in denen die Figuren gefertigt werden.

Zuschüsse: Förderung durch den DAAD

Geleitet wurde der Kurs „Lived Sanskrit Cultures“ von Professor Jörg Gengnagel, Inhaber des Würzburger Indologie-Lehrstuhls, und Professorin Ute Hüsken, Abteilungsleiterin für Kultur- und Religionsgeschichte Südasiens an der Uni Heidelberg. Bei der Auflage im Herbst 2023 waren aber so gut wie alle Dozierenden der Würzburger Indologie mit dabei. Finanziell gefördert wurde der Kurs vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, DAAD: Die Teilnehmenden erhielten Zuschüsse zu den Reise- und Aufenthaltskosten.

Indien erleben: Studierende haben viele Möglichkeiten

Grundsätzlich haben die Würzburger Indologie-Studierenden viele Möglichkeiten, mit Stipendien in Indien aktiv zu werden. Landeskunde und Sprachkurse gehören fest zur Ausbildung; Feldforschungen, Praktika oder Exkursionen werden darum als Studienleistungen angerechnet. Zeitgleich mit der Lived-Sanskrit-Exkursion gab zum Beispiel Dozentin Dr. Justyna Kurowska einen Kurs zur Etablierung von Sprache und Schrift des modernen Hindi, ebenfalls in Varanasi. „Indien sehen, Indien erleben, Indien studieren“: Dieses Motto steht nicht ohne Grund auf der Webseite der Würzburger Indologie ganz oben.


Weblink

Indologie an der Uni Würzburg

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Von Robert Emmerich

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