Beyond Memphis - Internationaler Workshop zur ägyptischen Grabkultur im Alten Reich
02.11.2017Einem der wichtigsten neuen Forschungszweige der Ägyptologie galt der vom 31.8.-02.09.2017 von Dr. E. Lange in Zusammenarbeit mit der KU Leuven organisierte Workshop "Beyond Memphis. The Transition of the Late Old Kingdom to the First Intermediate Period as reflected in Provincial Cemeteries", finanziert von der Philosophischen Fakultät und der DFG.
Es handelt sich dabei um eine wesentliche Erweiterung der Erforschung der funerären Kultur des Alten Ägypten, die einen traditionellen Schwerpunkt derÄgyptologie darstellt, deren Erkenntnisse sich jedoch für die Zeit des Alten bis Mittleren Reiches (3.-frühes 2. Jahrtausend v. Chr.) bisher fast ausschließlich auf die Auswertung der Residenzfriedhöfe bei Memphis stützten. Daneben aber verfügt Ägypten über ausgedehnte Friedhöfe in den Provinzen des Landes, die sich aufgrund interner historischer und sozialer Entwicklungen gegen Ende des Alten Reiches und zu Beginn der sogenannten Ersten Zwischenzeit, einer Periode, in der die Residenz an Durchdringungsvermögen dramatisch verliert und Ägypten in autokratisch regierte Kleinfürstentümer zerfällt, vervielfältigten.
Dieser historische Prozess der Herausbildung einer sich entwickelnden Provinz mit entsprechend potenten provinziellen Akteuren ist in der Ägyptologie eines der am intensivsten diskutierten Probleme der Forschung überhaupt. Jedoch arbeitet man sich dabei hauptsächlich an den wenigen verfügbaren schriftlichen Quellen ab, die aufgrund autorintentionaler Verzerrungen Informationen sehr begrenzter Reichweite bieten können. Die reichen archäologischen Befunde aus den Provinzialfriedhöfen dieser Zeit sind hingegen bisher nicht einmal annähernd ihrer Bedeutung gemäß ausgeschöpft worden. Nur sehr wenige Arbeiten haben sich bisher überhaupt dieses Themas angenommen und dabei aufgezeigt, dass eine systematische Auswertung dieser Befunde eben nicht nur Informationen zur Funerärkultur selbst, sondern darüber hinaus auch zur Sozialgeschichte und den hiermit verknüpften historischen Entwicklungen seit der Zeit des ausgehenden Alten Reiches liefern können.
Anliegen dieser wissenschaftlichen Tagung war es, den im Feld tätigen Archäologen ein breites wissenschaftliches Diskussions- und Austauschforum zu dieser Thematik zu bieten. Dieses war keineswegs allein auf die Vorstellung neuer Grabungsbefunde beschränkt, sondern wurde durch die Expertise eingeladener Experten zur Organisation der Provinzverwaltung des Alten Reiches und des Übergangs zur 1. Zwischenzeit sowie der materiellen Kultur dieser Zeit ergänzt.
Die Liste der Referentinnen und Referenten aus acht Ländern und ihrer Themen spiegelt dies wider: Für eine breite geographische Abdeckung sorgten die Vorträge von Lange (Delta), Perez Díe, Bussmann, de Meyer, Richards, Kanawati und Dobrev (Mittelägypten) sowie von Fábián, Hendrickx, Friedman, Sigl, Ejsmond, Jiménez-Serrano, Müller und Pantalacci (Oberägypten und Oasen). Problemorientierte und quellenkritische Beiträge zur Administration lieferten (Willems, Fitzenreiter, Martinet). Eine der wichtigsten und wertvollsten Materialgruppen für unsere Fragestellungen bildete die Keramik, deren Formenspektrum und Materialspezifika häufig kulturelle Veränderungen abbilden. Hierzu gab es ebenfalls drei Spezialbeiträge (Senussi, Bader, Knoblauch). Die Veröffentlichung der Tagungsakten in der traditionsreichen Reihe Orientalia Lovaniensia Analecta (peer reviewed) ist geplant.